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Feiern statt Trauern

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02.11.2016
Allerheiligen und Allerseelen sind in der Schweiz besinnliche Feiertage. In Mexiko hingegen wird ein farbenfrohes Fest zu Ehren der Verstorbenen gefeiert: Picknick auf dem Friedhof, farbige Totenschädel und Paraden mit Skelettkostümen.

Farbig geschmückte Gräber, Skelette aus Pappmaché und Totenköpfe aus Zuckerguss: Wenn Mexikaner ihrer Toten gedenken, dann tun sie dies mit einem bunten Fest. «Los dias de los muertos», die Tage der Toten, sind die beiden wichtigsten Feiertage der Mexikaner. Denn gemäss dem mexikanischen Volksglauben besuchen die Seelen der Toten am 1. und am 2. November ihre Hinterbliebenen.

Ein Altar, vier Elemente
Um diesen Besuch aus dem Jenseits gebührend zu empfangen, errichten Mexikaner farbenprächtige Willkommensaltäre. Auch Laura Peter-Lemus lebt diese Tradition seit zwölf Jahren in der Schweiz weiter. Die Mexikanerin ist die Präsidentin des interkulturellen Vereins Brugg und verwandelt Ende Oktober jeweils eines der Regale in ihrem Esszimmer zu einem aufwendig geschmückten Altar. Mit farbigem Papier legt sie das Gestell aus. Schmückt den Altar mit Früchten und orangefarbenen Ringelblumen, die als Blumen der Toten gelten. Beide repräsentieren das Element der Erde.

Auf dem Altar steht ein Glas Wasser. «Das Wasser soll den Durst der Seelen stillen nach ihrer langen Reise aus dem Jenseits», erklärt Peter-Lemus die Bedeutung. Scherenschnitte aus Seidenpapier stellen den Wind und die aufgestellten Kerzen das Feuer dar.

«Auf dem Willkommensaltar soll alles stehen, was die Verstorbenen zu Lebzeiten gerne hatten», sagt Peter-Lemus. Sie beginnt bereits am Mittag des 31. Oktobers mit den Feierlichkeiten. «Ich gedenke der vergessenen Seelen. Das ist zwar kein offizieller Teil des Festes, aber ich möchte auch an jene Menschen denken, die keine Hinterbliebenen haben.»

In der Nacht auf Allerheiligen erwarten die Mexikaner den Besuch der Seelen der verstorbenen Kinder. «Für sie schmücken wir die Altäre mit Spielzeugen und Süssigkeiten», erklärt Peter-Lemus. Augenfällig sind die farbig verzierten Totenschädel, Skelette oder Särge aus Zucker oder Marzipan, die den Besuch auf Erden versüssen sollen. An Allerseelen folgt dann die Rückkehr der toten Erwachsenen.

Der Grossvater von Peter-Lemus liebte Kaffee. Deshalb steht immer eine Schüssel Kaffee auf dem Altar im Esszimmer von Peter-Lemus. Dazu kommen auch Bücher, Fotos und Teller mit Speisen. Eine Spezialität, die die Mexikaner nur zu dieser Feierlichkeit backen, ist das traditionelle Totenbrot. «Das runde Brot steht für den menschlichen Körper und die Verzierung für das Kreuz», erklärt Peter-Lemus.

Feiern, essen, beten
Zu Beginn der Feierlichkeiten gehen die Mexikaner zum Friedhof und anschliessend in die Kirche. Danach aber versammelt sich die Familie zu Hause. «Wir erwarten Besuch, und deshalb verbringen wir die Tage zu Hause im Kreise der Familie.» Die für den Feiertag hergerichteten Gerichte und die auf dem Altar aufgestellten Nahrungsmittel werden bis am Mittag von Allerseelen gegessen. Um Mitternacht dann versammeln sich einige Mexikaner auf den Friedhöfen. Sie verabschieden sich dort vom Besuch aus dem Jenseits.

Die Gräber sind mit Blumen geschmückt und mit Kerzen erleuchtet. «An den Gräbern wird gefeiert, gegessen und gebetet», sagt Peter-Lemus. «Es sind so viele Menschen auf den Friedhöfen in Mexiko, da kommt man manchmal kaum noch durch.» Je nach Ortschaft finden während der zwei Tage auch Paraden statt, in denen Menschen als Skelette verkleidet in den Strassen feiern.

Den eigenen Umgang mit dem Sterben
Das Fest zu Ehren der Verstorbenen bedeutet Peter-Lemus viel: «Zu wissen, dass ich nicht vergessen werde, wenn ich tot bin, beeinflusst meinen Umgang mit dem Sterben. Wir verstehen den Tod nicht als etwas vom Leben Getrenntes, sondern integrieren ihn in unser Leben.»

Nächstes Jahr hofft Laura Peter-Lemus wieder gemeinsam mit Luz Schnetz und Alma Bühler einen Altar für die Öffentlichkeit zu errichten. Dieses Jahr reichte die Zeit dafür nicht aus. Die drei gebürtigen Mexikanerinnen gründeten die Kulturgruppe Iztaccíhuatl, die mexikanische Traditionen auch den Schweizern zugänglich machen will. Gemeinsam haben sie die letzten zwei Jahre in Brugg einen Willkommensaltar errichtet. Eine Idee, die Luz Schnetz bereits seit mehreren Jahren in verschiedenen Städten realisiert hatte.

Nicola Mohler / reformiert.info / 2. November 2016

Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».

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