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Nahostkonflikt

Forscherin: Neues Ausmass an Antisemitismus in sozialen Medien

von epd/nin
min
07.10.2024
Seit dem Überfall der radikalislamischen Hamas auf Israel vor einem Jahr hat antisemitischer Hass in den sozialen Medien nach Einschätzung der Forscherin Monika Hübscher eine neue Dimension erreicht. Im Diskurs sei eine Polarisierung und Entmenschlichung in der Sprache zu beobachten.

Antisemitismus in den sozialen Netzwerken zeige sich in Kommentaren und Bildern, in denen jüdische Menschen vereinheitlicht, abgewertet oder stereotyp als übermächtig dargestellt würden, erklärte Monika Hübscher im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Antisemitismus offenbare sich auch durch Emoji-Kombinationen mit Bezug zur NS-Propaganda gegen Juden, etwa des Davidsterns und einer Ratte.

Tausendfach «geliked» und geteilt

Zudem kursiere gewaltverherrlichende Desinformation zum Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023 in Israel, die mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) erstellt werde, sagte Hübscher. KI-generierte Bilder, die Rabbiner darstellen sollen, reproduzierten die
mittelalterliche Ritualmordlegende. All diese Beiträge würden zigfach
«geliked» und zehntausendfach geteilt.

Soziale Medien haben die Entstehung und Verbreitung von Antisemitismus revolutioniert.

Einer der Hauptfaktoren seien Algorithmen, die sich in hohem Masse auf Likes, Kommentare, Shares sowie Klickraten stützten, um die Beliebtheit und Relevanz von Inhalten zu bestimmen. Mehrere Studien zeigten, dass sie aber vor allem die Sichtbarkeit von provokanten und hasserfüllten Inhalten steigerten.

Soziale Medien für den Angriff einkalkuliert

Die Hamas kalkulierte nach Einschätzung der Forscherin bei der Planung des Angriffs vor einem Jahr die Wirkung sozialer Medien bewusst ein, um ihren Terror zu verstärken. «Sie wusste, die hochgeladenen brutalen Videos würden global millionenfach von Menschen unmittelbar gesehen, über Sprachbarrieren hinweg», sagte sie. «Infolge der Veröffentlichung von Videos und Bildern der Terrorattacke auf den Plattformen gab es eine erschreckende Menge an Posts, die diese Gräueltaten als Dekolonialisierung, Widerstand oder Freiheitskampf feierten.»

Eine nach der Terrorattacke grossangelegte Kampagne auf den Plattformen habe darauf abgezielt, die Hamas als Befreierin zu «framen» – also in einem verfälschten Rahmen darzustellen – und zugleich Israelis zu dämonisieren. Die seit dem Angriff oft gepostete Bezeichnung «Zionisten» anstelle von Zivilisten oder Soldaten ziele darauf ab, Israelis und Juden zu dehumanisieren.

 

Monika Hübscher forscht zu Antisemitismus in den sozialen Medien. Sie promoviert an der Universität Haifa in Israel und ist ausserdem Antisemitismusbeauftragte an der Universität Duisburg-Essen in Deutschland. Kürzlich erschien ihr Buch «Antisemitismus in den Sozialen Medien», das sie gemeinsam mit Sabine von Mering im Verlag Barbara Budrich herausgegeben hat.

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