Für eine Verbesserung der Lebensqualität
Diabetes, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen, Herzinsuffizienz, Alzheimer und rheumatoide Arthritis sind sehr unterschiedliche Erkrankungen. Gemeinsam ist ihnen, dass die Betroffenen kaum oder gar keine Aussicht auf Besserung oder Heilung der Krankheit haben. Ganz anders sieht es aus, wenn eine Patientin oder ein Patient mit einem Knochenbruch, einer Blinddarmentzündung oder mit Gallensteinen in ein Spital eingeliefert wird: Er oder sie darf damit rechnen, bald wieder gesund zu sein. Auf dieses Ziel hin arbeiten die Ärzte und die Pflege. «Bei chronisch kranken Menschen kann nicht die Heilung der Krankheit das Ziel sein, weil das nicht möglich ist, sondern die Verbesserung der Lebensqualität», sagt Pfarrer Gerhard Gerster, Spitalseelsorger in der Universitären Altersmedizin Felix Platter in Basel und Palliativseelsorger in der Mobilen Seelsorge. In der Fachsprache ausgedrückt: Diese Patienten werden nicht kurativ, sondern palliativ behandelt. «Es geht darum, dass sie ihr Leben trotz der Krankheit gestalten und ihre Beziehungen und ihr spirituelles Empfinden leben können», sagt Gerster.
Vier Dimensionen
Die palliative Pflege spricht von vier Dimensionen: Es gehe um den Körper, den Geist, die Beziehungen und die Seele. «Wir betrachten das Leiden ganzheitlich. Es geht nicht nur um den Körper, sondern auch um die psychische, die soziale und die spirituelle Dimension», sagt Gerster. Deshalb spielt die Seelsorge in der palliativen Pflege eine grosse Rolle. «Viele Patienten sind in einer Sinnkrise oder können ihre Beziehungen nicht mehr leben. Der Glaube kann in diesem Moment eine Ressource sein, um mit den körperlichen Beeinträchtigungen und Belastungen umgehen zu können.»
Drei Prinzipien
Palliative Care basiert auf drei Prinzipien. «Es geht erstens darum, die Selbstbestimmung der Patienten zu respektieren», sagt Gerhard Gerster «Sie entscheiden, welche Massnahmen ergriffen werden, sie sind autonom.» Zweitens gehe es darum, ihre Würde zu stärken. «Viele Menschen erleben sich als nicht mehr wertvoll, wenn sie zum Beispiel im Rollstuhl sitzen. Sie schämen sich, weil sie abhängig sind, das verletzt sie in ihrer Würde. Es geht darum, ihnen zu zeigen, dass sie wertvoll sind, egal ob sie fit sind oder nicht.» Und drittens gehe es darum, sich mit der Endlichkeit des Lebens auseinanderzusetzen. «Das Sterben ist Teil unseres Lebens», sagt Gerster. «Es gibt diesen Moment, in dem wir den letzten Atemzug tun und uns auf die letzte Reise begeben.»
Ein wichtiger Aspekt bei der palliativen Pflege seien die Betreuung und die Begleitung der Angehörigen. «Sie werden in alle Entscheidungen einbezogen. Schliesslich leiden sie ja unter der Situation, die man zwar nicht mehr kurativ lösen, aber noch palliativ behandeln kann», erklärt Gerster. Auch die Beziehung der Angehörigen verändere sich durch die Krankheit, auch sie seien psychisch und seelisch belastet. «Deshalb werden sie im Spital in die Behandlung miteinbezogen und brauchen ebenso seelsorgerliche Begleitung.»
Die Basler Palliative-Care-Woche stelle mit dem Motto «Gemeinsam statt einsam sein» diesen Aspekt ins Zentrum: Nicht nur die Erkrankten, sondern auch ihre Angehörigen sollen auf ihrem Leidensweg unterstützt werden. «Ein Anliegen ist uns, dass das Thema der palliativen Pflege öffentlich wird, dass es enttabuisiert wird», resümiert Gerster. Es sei wichtig, dass «Palliative Care nicht mit Sterben gleichgesetzt wird, sondern mit einer anderen, umfassenderen Betreuung und einer Stärkung der Lebensqualität».
Palliativ-Woche
Die Palliativ-Woche ’23 findet vom 13. bis 19. November in der Region Basel statt. Verschiedene Institutionen, darunter auch die drei Landeskirchen, beleuchten an Veranstaltungen und Workshops das interprofessionelle Denken und Handeln zugunsten chronisch erkrankter Menschen. Ziel ist es, eine gemeinsame Sorgekultur für schwer erkrankte Menschen und ihre Nächsten zu etablieren.
Für eine Verbesserung der Lebensqualität