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Gezielt Jugendliche ansprechen

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01.01.2016
Um den theologischen Nachwuchs steht es schlecht. Thomas Schaufelberger, zuständig für die Aus- und Weiterbildung der Pfarrschaft zu den Gründen.

Herr Schaufelberger, wie sieht es mit dem Nachwuchs für das Pfarramt aus?
Thomas Schaufelberger: Es wird zu einem Pfarrmangel kommen, besonders weil in den nächsten Jahren geburtenstarke Jahrgänge ins Pensionsalter kommen. Gleichzeitig sind die in den letzten zehn Jahren stabilen Zahlen der Studienanfänger in Bern und Zürich auf diesen Herbst hin eingebrochen. Niemand weiss, was das bedeutet. Auch ohne diesen Einbruch wäre es klar, dass wir die doppelte Zahl der Studierenden bräuchten, um den kommenden Bedarf zu decken.

Auf der anderen Seite wird die reformierte Kirche auch kleiner.
Richtig, das ist eine der Unsicherheiten in dieser Prognose. In vielen Kirchen werden zurzeit Stellen abgebaut. Das kann einen Teil des Mangels wieder wettmachen. Gleichzeitig gibt es Notfall-Szenarios, die im Detail noch entwickelt werden müssen: Ähnlich wie die Pädagogischen Hochschulen bei den Lehrpersonen, werden die Kirchen Programme für akademische Quereinsteiger anbieten müssen. Dies ist aber noch kein Beschluss, es wird erst diskutiert.

Kommt es auch zum Engpass, weil die Mehrheit der Theologiestudierenden weiblich ist und kein volles Pfarramt übernehmen will?
Diese Einschätzung ist richtig. Der Mangel an Pfarrpersonen wird noch erhöht, weil vermehrt Frauen, aber auch Männer auf den «Markt» kommen, die keine volle Stelle übernehmen wollen. Was das statistisch bedeutet, darüber haben wir keine verlässlichen Zahlen. Aber die Tendenz ist korrekt und dürfte weiter anhalten.

Ohne die Einwanderung von deutschen Pfarrerinnen und Pfarrern wäre die Stellensituation in den Kirchgemeinden schon jetzt schwierig.
Tatsächlich haben in den letzten 15 Jahren deutsche Pfarrerinnen und Pfarrer mitgeholfen, den Pfarrmangel zu verschieben. Die Zeiten des Pfarrüberflusses in Deutschland sind aber jetzt vorbei. Es ist nicht zu erwarten, dass sich weiterhin viele deutsche Pfarrerinnen und Pfarrer für Pfarrstellen in der Schweiz interessieren, allenfalls für periphere Gebiete, die für Schweizer unattraktiv sind.

Neu wollen die reformierten Kirchen gezielt Jugendliche auf das Theologiestudium und den Pfarrberuf ansprechen.
Das neue Marketingkonzept sieht vor, dass die Werbung für das Theologiestudium in den Landeskirchen, unter Religionslehre­rinnen und -lehrern sowie Pfarrpersonen besser verankert wird. Es ist aufgrund einer Analyse klar geworden, dass wir stärker auf die Faktoren, die auf einen Entscheid zum Theologiestudium führen, einwirken müssen. Meist fällt der Entschluss aufgrund einer persönlichen Beziehung, sei es zu einer Pfarrerin, einem Religionslehrenden oder Jugendarbeiter. Zudem wollen wir eine Sommerakademie ins Leben rufen, einen Ort für jeweils 40 Gymnasiasten aus der ganzen Deutschschweiz, die eine Woche lang eingeladen von den Kirchen und ausgewählt von einer Jury mit eindrücklichen Persönlichkeiten aus Theologie und Kirche in Kontakt kommen. Das Pilotprojekt wird im Jahr 2013 starten.

Tilmann Zuber/ref/pd

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