Gott liebt Trump und die Reichen
Vier von fünf weissen, evangelikalen Wählern votierten im November für Donald Trump. Die Liebe zwischen Donald Trump und den Evangelikalen mag auf den ersten Blick verwundern. Der Lebemann und Party-Gänger passt nicht gerade ins Bild christlicher Tugendhaftigkeit. Und dass er für seine Eskapaden auch nie Gott um Vergebung gebeten hatte, sollte ihn eigentlich für fundamentalistische Christen unwählbar machen. Nicht einmal als er seinen Sieg verkündete, kam ihm das in Amerika allen Politikern so geläufige «God Bless America» über die Lippen.
Aber Trump hat um die Evangelikalen gebuhlt. Er hat seine Bibel aus Kindheitstagen bei Versammlungen hochgestreckt, er verrenkte sich mit tapsigen Tanzschritten zum enthusiastischen Halleluja bei erweckten Sonntagsgottesdiensten. Immer wieder organisierte er Zusammenkünfte mit evangelikalen Pastorinnen und Pfarrern. Die Koordinatorin seines religiösen Beraterstabs während des Wahlkampfs war die Tele-Evangelistin Paula White. Seine spirituelle Stimmgabel hat immer wieder gegenüber Journalisten betont, wie ernst es Trump ist, wenn es um Glaubensdinge geht. «Gott ist nicht etwas, was neu ins Leben von Trump eingetreten ist. Er hat ein weites Herz, einen absoluten Hunger, um mit Gott in Beziehung zu sein», erklärte White.
Das Evangelium nach Paula White
Schon vor vielen Jahren hatte Trump Paula White als persönliche Seelsorgerin auserkoren. 2006 stattete er der Tele-Evangelistin einen Besuch ab, um etwas Werbung für sein damals erschienenes Buch «Warum wir reich sein wollen» zu machen. Dass er den Weg zu Paula White fand, hatte einen guten Grund: Sie predigt das Wohlstandsevangelium, eine christliche Botschaft, die eines ins Zentrum stellt: Je reicher du bist, desto mehr von Gottes Liebe kommt dir zu. Und auf ihrer Homepage finden sich denn auch Gebete wie «Warum Gott dich wohlhabend wünscht». Nicht nur Trumps Buchtitel und die Überschrift ihres Sermons stimmen überein, sondern beide funken mit ihrer Wohlstandstheologie auf der gleichen Wellenlänge.
Seit ihrer ersten Begegnung vor zehn Jahren haben sie sich nicht mehr aus den Augen verloren. Die Wohlstandsverkünderin White aus Florida hat sich gleich im Trump-Tower New York einen Zweitwohnsitz eingerichtet. Auch ihre Beziehungsgeschichten geben einiges her für gemeinsamen Gesprächsstoff. Denn White, so sehr sie sich dafür in ihren tele-evangelikalen Verkündigungen geisselt, hat, wie Trump, eine zweite Scheidung hinter sich. Beiden wird zudem immer wieder ein intransparentes Geschäftsgebaren unterstellt, beide haben schon eine Pleite hingelegt. Whites aggressive Geschäftspraktiken wurden gar von einer Untersuchungskommission des US-Senats drei Jahre lang durchleuchtet. Aber juristisch verwertbare Unregelmässigkeiten liessen sich nicht aufdecken.
Social-Media-Virtuosen
Was beide zudem verbindet: Virtuos bespielen sie das Instrumentarium der sozialen Medien. Wie der erste Twitter-Präsident zwitschert auch Paula White ihrer halben Million Follower ihre Botschaften zu, streut auf Instagram Selfies von sich und ihrem Gatten, dem berühmten Rockstar Jonathan Cain. Auch auf Youtube ist sie aktiv.
Heute wird sie auf den Treppen des Kapitols das Gebet sprechen. Ungeachtet dessen, dass viele White als eine theologische Hochstaplerin beschimpfen, als eine Häretikerin, welche die Dreieinigkeit bezweifle, hält Trump unverbrüchlich zu ihr. Sie war seine religiöse Beraterin, begleitete ihn seine ganze Kampagne hindurch und sammelte Gelder aus dem evangelikalen Bereich. Jetzt darf sie sich für ihre bedingungslose Unterstützung in das Schaufenster der globalen Medien stellen, damit der Samen ihres Wohlstandsevangeliums nicht nur im Trump-Tower aufgeht, sondern weltweit.
Delf Bucher / reformiert.info / 20. Januar 2017
Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».
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