Herzblut für den Weltgebetstag
Das Herz von Sonja Scheuermeier brennt für den Weltgebetstag. Das wird spürbar, wenn sie von Frauen aus allen Kontinenten erzählt, die ihr im Zusammenhang mit dem Weltgebetstag begegnet sind. Mit vielen hat sie noch bis heute Kontakt, zum Beispiel mit Frauen auf den Philippinen: «Während der verheerenden Taifune auf den Philippinen gingen viele Mails hin und her. Das hat die Frauen dort gestärkt.»
Der Weltgebetstag ist eine weltweite Bewegung von Frauen aus vielen christlichen Traditionen. Die ökumenische Organisation setzt sich aus regionalen und nationalen Gremien -sowie dem Internationalen Welt-gebets-tagskomitee zusammen. Der Gottesdienst zum Weltgebetstag wird jeweils am ersten Freitag im März in über 170 Ländern, Regionen und Inseln gefeiert. Christliche Frauen aus dem aktuellen Weltgebetstagsland erschaffen jeweils die Liturgie und stellen sie allen Ländern zur Verfügung.
Weit gereist
Das nationale Komitee erarbeitet das Arbeitsmaterial für die Weltgebetstagsfeiern. Es besteht jeweils aus einem Informationsblatt über das aktuelle Weltgebetstagsland, einer entsprechenden Landkarte und der Liturgie, die in alle vier Schweizer Landessprachen übersetzt wird. Dieses Jahr kommt die Liturgie von Frauen aus Simbabwe. «Sie trägt das Motto: ‹Steh auf, nimm deine Matte und geh deinen Weg!› und drückt den Wunsch nach Frieden, Freude und Liebe aus», sagt Sonja Scheuermeier, Vizepräsidentin vom Verein Weltgebetstag Schweiz.
Die ehemalige Buchthalerin ist seit 29 Jahren Mitglied im nationalen Weltgebetstagskomitee und hat unzählige Länderinformationen vom Englischen ins Deutsche übersetzt. Ihre profunden Englischkenntnisse hat sie sich nach der Schulzeit durch einen Sprachaufenthalt auf den Britischen Inseln angeeignet: «Das Reisen hat mich von Anfang an fasziniert.»
Ihr Engagement für den Weltgebetstag hat sie nach England, Slowenien, Tschechien, Serbien und in die Ukraine geführt. In Slowenien hat sie mitgeholfen, eine Weltgebetstags-gruppe aufzubauen: «Es hat mich stets in den Osten gezogen. Als ich zum ersten Mal auf der Burgzinne in Prag stand, fühlte sich das so vertraut an, als wäre ich schon dort gewesen.»
Alle vier Jahre findet eine internationale Weltgebetstagstagung auf einem der Kontinente statt. Auch daran hat Sonja Scheuermeier lebhafte Erinnerungen: «Im Jahr 2003 habe ich in England mit 220 Frauen getanzt. Wir hielten uns an den Händen und bewegten uns spiralförmig zum Mittelpunkt und wieder hinaus. Das war ein fantastisches Erlebnis.»
Benachteiligte Frauen
Der Weltgebetstag nimmt im Leben von Sonja Scheuermeier viel Raum ein. Für die monatlichen Sitzungen des nationalen Komitees ist die Berufs- und Familienfrau viel durch die Schweiz gereist. «Ausser dem Sitzungsgeld von 40 Franken arbeiten alle Frauen für den Weltgebetstag ehrenamtlich, und der zeitliche Aufwand für die Arbeiten zu Hause ist gross», sagt sie und betont: «Doch der Weltgebetstag begeistert mich, weil sich Frauen aus der ganzen Welt darin einbringen und gegenseitig unterstützen können. Sei es durch Erfahrungsaustausch, gemeinsames Gebet oder aktive Hilfe.»
Zurzeit arbeitet Sonja Scheuermeier an den Informationen zum Land Vanuatu, einem Inselstaat im Südpazifik. «Weil die Schule Geld kostet, darf immer nur das älteste Kind einer Familie zur Schule gehen. Ist das ein Mädchen, wird es übergangen.» Gelder des Weltgebetstags ermöglichen es den Mädchen, die Schule trotzdem zu besuchen.
In der Schweiz kommt durch die Weltgebetstagsgottesdienste jährlich eine schweizweite Kollekte von rund 450 000 Franken zusammen. Zehn Prozent davon gehen an das aktuelle Land. Der Rest fliesst in internationale Projekte, die benachteiligte Frauen und Mädchen unterstützen und fördern.
Nachfolgerin gesucht
Eine besondere Erinnerung verbindet Sonja Scheuermeier mit ihrem ersten Weltgebetstagsland im Jahr 1992: «Genau in diesem Jahr erhielt die
guatemaltekische Menschenrechtsaktivistin Rigoberta Menchú den Friedensnobelpreis. Das hat mich zutiefst beeindruckt.»
Ihr Engagement für den Weltgebetstag hat Sonja Scheuermeier nebst vielen Kontakten eine weltoffene Haltung geschenkt: «Ich verbinde damit Hoffnung, getragen durch einen toleranten, weltoffenen Glauben.»
Dieses Jahr wird für Soja Scheuermeier das letzte ihrer Amtszeit sein: «Im Frühling 2021 trete ich aus dem Komitee zurück.» Dem Weltgebetstag wird sie aber weiterhin verbunden bleiben. «Ich werde weiterhin mitwirken, aber nicht mehr die Verantwortung tragen», sagt sie und hofft, dass sich für ihr Amt eine Nachfolgerin aus Schaffhausen findet, deren Herz ebenso für den Weltgebetstag brennt, wie das ihre.
Adriana Schneider
Herzblut für den Weltgebetstag