Baselland, Basel-Stadt, Luzern, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, Uri, Zug

Hilfe dringend notwendig

min
29.11.2018
Die Afghanistanhilfe blickt nach 30 Jahren auf grosse Verdienste zurück. Anlass zum Feiern ist das jedoch nicht. Denn Hilfe ist nötiger denn je.

Als die Neuhauserin Vreni Frauenfelder 1988 den Verein Afghanistanhilfe Schaffhausen gründete, befand sich das Land bereits seit elf Jahren im Krieg. 1992 trat die Regierung unter Präsident Mohammed Nadschibullāh die Hauptstadt Kabul kampflos an die islamistische Guerilla-Gruppierung der Mudschaheddin ab. Im folgenden Bürgerkrieg zwischen den verschiedenen -Mudschaheddin-Gruppierungen siegte die fundamentalistische Miliz der Taliban und errichtete einen islamistischen Gottesstaat Afghanistan. 
Nach den Terroranschlägen in den USA am 11. September 2001 begannen die USA den internationalen Kampf gegen den Terrorismus in Afghanistan, um die Taliban-Regierung zu stürzen und Al-Qaida zu bekämpfen. Dem seit nunmehr 16 Jahren andauernden Krieg fielen insgesamt 70 000 Menschen zum Opfer, über zwei Millionen Flüchtlinge sind vor den Gefahren geflohen, und noch immer verlassen viele das Land. «Afghanistan wird beherrscht von Terror und Korruption. Beinahe täglich kommt es zu neuen Anschlägen mit Toten und Verletzten, die bewaffneten Auseinandersetzungen halten an», bestätigt Michael Kunz, Präsident der Afghanistanhilfe. 

Einsatz für Waisenkinder
Im Bezirk Jaghori, im zentralen Hochland von Afghanistan, betreibt die Afghanistanhilfe ein Provinzspital sowie zwei Waisenhäuser mit rund 120 Kindern. «Kürzlich haben die Taliban unser Projektgebiet angegriffen. Wir mussten unsere Waisenkinder über Nacht umsiedeln. Aus dem Spital sind Patienten, Schwestern und Ärzte geflüchtet. Die Taliban können jedes Gebiet angreifen, wann immer sie wollen», erläutert der Präsident. 
Angesichts der aktuellen Lage ist ihm nicht nach Feiern zumute. Und doch blickt das Hilfswerk auf wichtige Errungenschaften aus den vergangenen 30 Jahren zurück, darunter neun Gesundheitseinrichtungen und vier Waisenhäuser. 20 weitere Projekte im Bereich Gesundheit und Bildung sind im Aufbau mit einem Jahresbudget von 600 000 bis 800 000 Franken aus Spendengeldern.
Gemäss UNO-Berichten ist Afghanistan das Land mit dem schlechtesten Gesundheitswesen der Welt. Das zeigt sich vor allem im Winter. «Viele Spitäler sind aufgrund von Korruptionsfällen geschlossen. Wer weder Arzt noch Krankenhaus in erreichbarer Nähe hat, muss tagelang durch hohen Schnee reisen. Viele sterben, bevor sie eine Gesundheitseinrichtung erreichen», sagt Michael Kunz. 

Hoffnung nicht aufgeben
Das Provinzspital in Jaghori ist das am besten ausgerüstete Spital im zentralen Hochland von Afghanistan. Das Spital leistet auch Aufklärungsarbeit im Bereich Familienplanung, Ernährung und Hygiene und führt jährlich 3500 Schutzimpfungen durch. «Es herrscht hier noch viel Unwissen. Mütter und Säuglinge sterben an Infektionen, weil man sie in den warmen Kuhmist bettet. Aber auch Masern, Grippe und Polio sind hier lebensbedrohliche Krankheiten», erläutert Kunz. Durch den Betrieb des Provinzspitals sei es gelungen, die Sterblichkeitsrate erheblich zu senken. 
Ebenso existenziell wie die Gesundheitsversorgung ist Bildung. In den vergangenen 30 Jahren hat die Afghanistanhilfe 74 Schulen unterstützt und gebaut. Der Anteil Mädchen an den Schulen liegt heute 50 Prozent höher als in den Anfangszeiten. «Wir sehen die Hoffnung dieses Landes in den Kindern. Deshalb investieren wir enorm in die Bildung. Ohne sie sind die Herausforderungen dieses Landes nicht zu bewältigen», betont Michael Kunz und sagt, Hilfe werde noch lange nötig sein: «Wichtig ist, dass wir die Hoffnung auf Frieden und auf ein besseres Leben für die Menschen vor Ort nicht verlieren.» Eine, die immer gehofft habe, sei Vreni Frauenfelder gewesen. Das 30-jährige Jubiläum mussten die Vereinsmitglieder der Afghanistanhilfe ohne ihre Gründerin begehen, die im 91. Lebensjahr verstorben war. Michael Kunz spricht von einem grossen Verlust. «Vreni Frauenfelder ist nicht ersetzbar. Durch ihr Lebenswerk hat sie Zehntausende von Menschen gerettet. Sie hat die Menschen geliebt und ist immer bescheiden geblieben. Wir werden ihr Lebenswerk in ihrem Sinn weiterführen.»  www.afghanistanhilfe.org

Adriana Schneider, 29. November 2018 

 

Unsere Empfehlungen

Die Moral erobert die Politik

Die Moral erobert die Politik

Die Klimadebatte sei moralisch und religiös aufgeladen. Dies führe zu Unversöhnlichkeit, sagt der Publizist Felix E. Müller. Statt vom Weltuntergang zu reden, müsse die Politik den pragma­tischen Kompromiss suchen.