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«Ich glaube nicht, dass da jemand konkurrenzfähig wäre»

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07.02.2019
Dass Kirchen vom Staat Geld erhalten, passt den Freidenkern nicht. Das bringe der ganzen Gesellschaft etwas, entgegnen die beiden grössten reformierten Landeskirchen.

Kirchen erhalten in der Schweiz viel Geld vom Staat. Die zwei grössten in der Schweiz, die reformierte und die römisch-katholische, bekommen zusammen rund 440 Millionen Franken jährlich. Das jedenfalls rechnete die Neue Zürcher Zeitung kürzlich aus. Über Unternehmenssteuern und direkte Beiträge der Kantone zahlen so auch Leute Beiträge, die nicht Mitglied einer Landeskirche sind.

Das passt den Freidenkern nicht. Gegenüber der NZZ sagte Andreas Kyriacou, Präsident der Freidenker-Vereinigung, es sei heute nicht mehr gerechtfertigt, dass Kirchen hunderte Millionen Franken «einfach so» erhielten. Leistungen, die der Staat nicht erbringen könne oder wolle, solle er ausschreiben in einem fairen Wettbewerb. Und dass Teile der Unternehmenssteuern an Kirchen gehen, sei ein «rechtliches Unding».

Bundesgericht bestätigte
Kirchensteuern von Unternehmen
Die von der NZZ aufgegriffene Diskussion wurde auch in der Politik schon vertieft geführt. Zum Beitrag aus den Unternehmenssteuern habe etwa im Kanton Zürich das Stimmvolk 2014 «deutlich Ja gesagt», entgegnet Nicolas Mori, Leiter Kommunikation der reformierten Kirche Kanton Zürich. «Ausserdem ist die Praxis vom Bundesgericht gestützt und kann also kein rechtliches Unding sein.» Vergessen gehe ferner oft, dass nur Kapitalgesellschaften Kirchensteuern zahlen – Unternehmen also, bei denen nicht die Eigentümer mit Ihrem Privatvermögen hafteten. «Und gemäss Bundesgericht kann eine solche Firma nicht auf Religionsfreiheit pochen, weil sie gar keinen Glauben haben kann», sagt Mori.

Auch Hans Martin Schaer von der grössten schweizerischen reformierten Landeskirche Bern-Jura-Solothurn Refbejuso weist die Kritik an den Unternehmenssteuern für Kirchen ab. Der Leiter des Kommunikationsdienstes argumentiert, dass dieses Geld nicht für kultische Zwecke eingesetzt werden dürfe. Diese sogenannt negative Zweckbindung wird für Refbejuso ab 2020 mit dem revidierten Kirchengesetz gelten. Zurzeit ist die Bedingung mit «zugunsten sozialer Aufgaben» noch positiv formuliert. Für die Zürcher Reformierten gilt ebenfalls die negative Zweckbindung.

Viele Angebote für alle
Beide Kirchenvertreter weisen zudem daraufhin, dass viele Angebote der Kirche für alle Menschen offen seien. Und dafür flössen öffentliche Gelder an viele weitere Institutionen. «Beispielsweise erhalten im Kanton Zürich auch die anerkannten jüdischen Gemeinden Kostenbeiträge. Und der Staat subventioniert gemeinnütziges Wirken ja ebenso in anderen Bereichen, etwa im Sport», sagt Nicolas Mori.

Gemäss Hans Martin Schaer käme es den Staat teurer, wenn er die allgemein nutzbringenden Leistungen ausschreiben würde, die zurzeit durch die Kirchen erbracht werden: «Das Modell von Leistungsverträgen führt zu einem grossen administrativen Aufwand und zu reduzierter Planungssicherheit. Das bindet Kräfte, die dann dort fehlen, wo sie wirklich gebraucht werden: zum Erbringen der gesamtgesellschaftlichen Leistungen im Interesse der Bevölkerung.»

Freiwillige im Einsatz für die Gesellschaft
Nicht zu vergessen sei die ehrenamtliche Arbeit der Kirchen. «Die Ecoplan-Studie über das Verhältnis von Kirche und Staat im Kanton Bern beziffert das Volumen auf mehr als eine Million Arbeitsstunden pro Jahr», sagt Schaer. Und Nicolas Mori führt an, dass bei den Zürchern jährlich ein Gegenwert von über 5 Millionen Franken an Freiwilligenarbeit in die Tätigkeiten mit gesamtgesellschaftlicher Bedeutung einfliesse. Das belege eine Studie von 2017. «Ich glaube nicht, dass da jemand konkurrenzfähig wäre oder ein Interesse daran haben könnte, es zu sein», meint der Leiter Kommunikation der Zürcher Reformierten.

Marius Schären, reformiert.info, 6. Februar 2019

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