«Ihre Bilder öffnen Herzen»
Von 1959 berichteten die «Schaffhauser Nachrichten» auf einer ganzen Seite über die feierliche Einweihung der Zwinglikirche – allerdings ohne Fotos. Dabei waren die Brüder Bruno und Eric Bührer schon damals mit Fotoapparaten unterwegs: Bereits 1956 hatte die Zeitung die erste Bildseite von Bruno veröffentlicht.
Königlicher Besuch
In der Zwinglikirche zeigten sie ausgewählte Fotos aus ihrer Sammlung, die per Beamer auf eine Grossleinwand projiziert wurden. Die erwähnte Bildseite von Bruno Bührer machte den Anfang. Es folgten 86 weitere Bilder, und das war kein Zufall: Die eineiigen Zwillinge feiern in diesem Jahr ihren 87. Geburtstag. Oft ging ein Raunen durch das Publikum, die Eindrücke auf der Leinwand weckten Emotionen. Eric Bührer berichtete, wie er die Waschfrauen am Rhein bei Diessenhofen bei ihrer Arbeit porträtierte. Oder wie es gelang, den schwedischen König Carl Gustav auf Staatsbesuch in Schaffhausen zu fotografieren, ohne auf die Sicherheitsvorkehrungen Rücksicht zu nehmen. «In den Sechzigerjahren war bei so einem Anlass keine Polizei vor Ort, das wäre heute undenkbar.»
«Das Wichtigste für einen guten Fotografen ist die Leidenschaft. »
Eric Bührer
Er erzählte von der Schaffhauser Industriegeschichte, vom ersten Bachfest mit Maria Stader und von der Zusammenarbeit mit vielen namhaften Künstlerinnen und Künstlern wie Max Uehlinger, Els Pletscher oder Joseph Beuys. Weit über eine Million Bilder haben die «Bührer-Buben», wie sie liebevoll genannt werden, geschossen. Daraus ist eine einzigartige Chronik von Schaffhausen und der Region entstanden, die zu einem grossen Teil im Stadtarchiv aufbewahrt wird. Die beiden Fotokünstler gelten als «moderne Chronisten» oder als das «fotografische Gedächtnis von Schaffhausen». Für ihr Lebenswerk erhielten sie 2021 den mit 20000 Franken dotierten Werner-Amsler-Preis.
Paris und Schaffhausen
Die Fotos zeugten auch vom kosmopolitischen Flair der Brüder, die etliche Länder bereisten und Prominente porträtierten. So war Bruno Bührer in den Sechzigerjahren Assistent eines Modefotografen in Paris und arbeitete mit berühmten Models. Andere Aufnahmen entstanden auf Reisen nach Florenz, New York oder Moskau. «Ob prominent oder nicht, Bruno und Eric Bührer ging es um den Menschen vor der Linse», betont der Journalist Andreas Schiendorfer, der lange mit den Brüdern zusammengearbeitet hat. Im Zentrum ihrer beruflichen Laufbahn stand die Zusammenarbeit mit den «Schaffhauser Nachrichten», die Eric Bührer als «fruchtbares Geben und Nehmen» bezeichnete. Als Pressefotografen hätten die beiden viele Türen geöffnet. «Ob Politiker oder Bauarbeiter, ihr habt alle ins beste Licht gerückt.» Das sei in den Fotos sichtbar. «Eure Bilder öffnen auch heute noch Herzen.»
Zueinander schauen
Die Fotografien von Bruno und Eric Bührer sind Momentaufnahmen für die Ewigkeit, die von einem untrüglichen Gespür für Stimmungen und Details zeugen. «Das Wichtigste für einen guten Fotografen ist die Leidenschaft», sagt Eric Bührer. Den heutigen Umgang mit Bildern sieht er kritisch. «Früher waren Zeitungen Bleiwüsten, heute sind es Bilderbücher.» Aktuell fotografieren Bruno und Eric Bührer nicht mehr. Ihr Atelier, das sie vor sechzig Jahren bezogen haben, besitzen sie immer noch, wenn auch nicht mehr an der gleichen Adresse. Die Dunkelkammer haben sie jungen Fotografen überlassen. Die Gebrüder nutzen die Räume, um Bilder und Negative zu ordnen. «Im Rückblick wird vieles wieder lebendig, es ist wie eine Reise in die Vergangenheit», sagt Eric Bührer. Die Brüder leben in verschiedenen Wohnungen, sehen sich täglich und essen zusammen. Gesundheitlich hat Bruno, der Zweitgeborene der Zwillinge, mehr zu kämpfen als Eric. Beide sind dankbar, dass sie so lange zusammen arbeiten konnten. «Wir hatten eine schöne Zeit. Und jetzt kümmern wir uns umeinander, solange es geht.»
«Ihre Bilder öffnen Herzen»