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Gastbeitrag von Hans Ruedi Fischer

Im Takt der Kirchenlieder

von Hans Ruedi Fischer
2 min
03.11.2023
Der Rubel muss rollen, erst recht, wenn es langsam aber sicher auf Weihnachten zugeht. Wir können uns dem kaum entziehen, aber dann wenigstens im eigenen Takt! Ein Gastbeitrag von Hans Ruedi Fischer.

«Herr, setze dem Überfluss Grenzen

und lass die Grenzen überflüssig werden.
Lasse die Leute kein falsches Geld machen

und auch das Geld keine falschen Leute.
Nimm den Ehefrauen das letzte Wort

und erinnere die Männer an ihr erstes.
Schenke unseren Freunden mehr Wahrheit

und der Wahrheit mehr Freunde.
Bessere solche Beamte, Geschäfts- und Arbeitsleute,

die wohl tätig, aber nicht wohltätig sind.
Herr, sorge dafür,

dass wir alle in den Himmel kommen –
aber nicht sofort.»

 

Meine Freude über diese Trouvaille, angeblich ein Neujahrsgebet des Pfarrers Hermann Joseph Kappen aus dem Jahre 1883, hat einen Dämpfer erlitten, denn das allweise Internet belehrte mich soeben, dieses Werk sei auf einem ganz andern Mist gewachsen. Sei’s drum! Wichtig ist mir, dass ich mich eins weiss mit dem Inhalt dieser Botschaft, die seit gut anderthalb Jahrhunderten im Raum steht. Sie ist mir Wegzehrung wie so manches Kirchenlied, eingetrichtert im Fach «Reli», mantraartig herunter gespult, gleichwohl unverlierbar auch nach über sechs Jahrzehnten.

Schmunzelnd habe ich jeweils dem verstorbenen Thurgauer Kirchenratsaktuar, Dekan Hans Gossweiler, zugehört, wenn er von einem seiner Amtsbrüder berichtete, der das Lied «Befiehl du deine Wege» zum Taktgeber für seine tägliche Frühgymnastik auf dem Dachboden des Pfarrhauses erwählte.

Bei einer (Irr-)Wanderung im umnebelten Tessiner Kastanienwald haben meine Frau und ich vor Jahren erfahren, welch hilfreicher Kompass in wegloser Umgebung ein Kirchenlied sein kann.

Noch ehe die Bäume sich anschickten im Spätherbst ihren farbigen Laubteppich auszubreiten, bekamen sie schon vom weihnächtlichen Firlefanz in den Schaufensterauslagen Konkurrenz. Der Rubel muss rollen, koste es, was es wolle.

Zu einer «Gehhilfe der besonderen Art» ist uns im Lauf der Zeit der «Andere Advent» geworden. Dieser Adventskalender, herausgegeben von «Andere Zeiten e.V.» in Hamburg, weist Gross und Klein den Weg durch die Wochen der Stille, beginnend am Vorabend des 1. Advent bis hin zum Dreikönigstag. 700`000 Menschen aus der Schweiz, Deutschland und Österreich lassen sich laut der Herausgeberschaft hineinnehmen und – fraglos mit Gewinn – begleiten.

 

Hans Ruedi Fischer

Hans Ruedi Fischer ist ehemaliger Kommunikationsbeauftragter der St. Galler und der Thurgauer Kantonalkirchen.

 

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