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In der Regenbogenfamilie zu Hause

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21.04.2022
Erstmals im deutschsprachigen europäischen Raum fand in der Offenen Kirche Elisabethen in Basel eine Namensfeier für Trans*, inter* und non binäre Menschen statt. Sie erhielten einen Segen für ihre neue Identität, die in ihrem neuen Namen sichtbar wird.

Seit Beginn dieses Jahres ist es in der Schweiz möglich, das Geschlecht und den Vornamen im Pass zu ändern. Was noch fehlte, war die spirituelle Komponente der Namensänderung. Diese Lücke hat die Offene Kirche Elisabethen in Basel mit der «Namensfeier für Trans-, Inter- und nicht binäre Menschen» geschlossen. Am zweiten Sonntag im April fand erstmals im deutschsprachigen europäischen Raum eine solche Namenssegnung statt. Zusammen mit Menschen aus der LGBTIQ-Community entwickelte Pfarrer Frank Lorenz, Leiter der Offenen Kirche Elisabethen, eine liturgisch-spirituelle Feier, die den neuen, selbst gewählten Namen feiert und bekräftigt.

Pfarrer Lorenz begrüsste die rund fünfzig Anwesenden mit den Worten: «Willkommen bei einem abenteuerlichen Experiment!» Eingangs erklärte er in einer kurzen biblischen Tour d’Horizon, dass in der Schöpfungsgeschichte nicht von den Substantiven Mann und Frau, sondern den Adjektiven männlich und weiblich die Rede sei. Damit werde in der Schrift ausgedrückt, dass Menschen verschiedene Seiten in sich tragen und insofern auch nicht immer eindeutig einem Geschlecht zugeordnet werden können. Mittlerweile seien zwar die Transmenschen in der Schweiz angekommen. Für Nonbinäre gelte dies leider noch nicht. Elisha, die sich selbst als «genderfluid» bezeichnet, und den neuen Namen ebenfalls segnen liess, predigte über den Kampf des biblischen Patriarchen Jakob am Jabboq und zeigte, wie er zu Israel wurde, wörtlich dem «Gottesstreiter»: Er stellte sich den Brüchen und Fehlern seines Lebens und bat um einen Segen.

Im falschen Körper
Der Name sei neben dem Körper etwas vom wichtigsten, das ein Mensch bekommt, sagt Rebecca Burkhardt. «Man identifiziert sich mit ihm, er begleitet einen sein Leben lang von der Geburt bis zum Tod.» Nicht so bei Burkhardt, die ebenfalls an der Namensfeier in der Elisabethenkirche teilnahm. Die Juristin lebte fast ihr ganzes Leben als Mann. Aber eben im falschen Körper. Am 31. März dieses Jahres konnte sie ihren Namenswechsel amtlich machen. Als sie kürzlich den neuen Fahrzeugausweis mit dem Vornamen Rebecca erhielt, freute sie sich enorm. «Jetzt kann ich schwarz auf weiss zeigen, schaut, wer ich bin.»

Während der Staat die Namensänderung für Transgender-Menschen inzwischen erlaubt, hinkt die römisch-katholische Kirche noch hinterher. Rebecca Burkhardt hatte gehofft, sie könne ihren Vornamen im Taufregister von Binningen ändern lassen. Doch die römisch-katholische Rechtslage erlaubt dies nicht. Es könne höchstens eine Notiz angefügt werden. Umso mehr freut sie sich über die Namensfeier in der Offenen Kirche Elisabethen. «Es ist fein, dass ich diesen Schritt jetzt quasi formell vor Gott machen konnte.» Für Burkhardt wurde die «Sache damit rund und wasserdicht». Als Juristin habe man ja eine gewisse Affinität zu solchen Formalitäten, fügte sie augenzwinkernd an.

Transgender war in der Jugend kein Thema
So rund und wasserdicht war die Sache mit dem Geschlecht für Rebecca Burkhardt lange nicht. Schwul war sie nicht, das wusste sie, und Transgender war in der Zeit ihrer Pubertät kein Thema. Mit der Zeit kam der Verdacht auf, etwas stimme nicht. In den 1960er-Jahren, als die Jungs in der Pause Fussball spielten und die Mädchen zusammen plauderten, wollte er lieber bei den Mädchen stehen, verriet Rebecca Burkhardt der bz Basel. Doch die wollten ihn nicht.

Als er sich in eine Frau verliebte, heiratete er in Frack und Zylinder traditionell und katholisch. Und als Mann machte er Karriere. Er studierte, arbeitete als Jurist bei Versicherungen und wurde Präsident der römisch-katholischen Synode und somit Basels höchster Katholik.

Im Laufe der Zeit wuchs das Bewusstsein, im falschen Körper geboren zu sein. Die Einsicht kam nicht überraschend, sie dämmerte ihm allmählich. Schmerzlich sei die Zeit gewesen, «als ich schon wusste, wo der Hase im Pfeffer liegt», erzählt Rebecca. Es folgten die Jahre, in der sie «diesen Hasen nicht aus dem Pfeffer ziehen konnte». Schlimm waren die Sonntagabende, wenn das Wochenende der Rebecca zu Ende ging und sie wusste, dass sie am Montagmorgen im «Männerhudel in der Firma antraben musste». «Ich musste mich als Mann verkleiden, das tat weh und ich wollte das nicht länger.»

Als sich Rebecca Burkhardt in der Firma outete, meinten viele, sie hätten dies schon lange vermutet. «Das nahe Umfeld reagierte positiv», erzählt die 64-Jährige. Viele freuten sich, dass es ihr jetzt besser ging. Für Burkhardt war es eine grosse Befreiung. Sie weiss jetzt, dass sie so ist, wie sie ist, und das sei gut so. «Jeder, egal ob hetero, homosexuell, trans*, inter* oder nicht binär, ist in erster Linie ein Mensch und damit einzigartig.»

Teil der Regenbogenfamilie
Namensänderungen seien in der Bibel keine Seltenheit, erklärte Pfarrer Frank Lorenz an der Feier in der Elisabethenkirche. «In der biblischen Tradition ändern sich die Namen, wenn Personen sich verändern und ihre eigentliche Identität erfahren und annehmen: Aus Abram wurde Abraham, aus Sarai wurde Sarah, aus Jakob wurde Israel, aus Saulus wurde Paulus – alles, um auf eine neue Person in der Beziehung zu ihrem Gott hinzuweisen. Es geht dabei um die Annahme eines neuen Namens, der eine Wahrheit widerspiegelt, die bisher verborgen war und nun offenbart wird.»

Im Rahmen der eineinhalbstündigen Ritualfeier erhielten sieben Erwachsene und ein zehnjähriges Kind einen neuen Namen samt Segensspruch. Alle waren darüber sichtlich beglückt. Die Namenszeremonie habe Ähnlichkeiten mit der Taufe oder dem Eintritt ins Kloster, erklärte Pfarrer Frank Lorenz. In einem feierlichen Akt salbte er die acht Menschen mit Öl und segnete sie: «Du bist ein Kind des Regenbogens», sprach er allen zu. Und alle erhielten eine Namenskerze und eine dem Taufschein nachempfundene Urkunde. Rund 80 Menschen aus dem Freundes- und Familienkreis waren an dieser Feier ebenso wie die Gesegneten Teil dieser Regenbogenfamilie.

Toni Schürmann, Tilmann Zuber, kirchenbote-online

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