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Porträt Kirchenpflegepräsident

In fremden Kirchen singt er einfach drauflos

von Carole Bolliger
min
20.06.2024
LUZERN | Rettungsschwimmer, Ofenbauer, Handwerker, leidenschaftlicher Sänger und sechsfacher Grossvater – das alles ist Kaspar Michel. Und alles, was er tut, macht er mit Hingabe. So auch sein Amt als Kirchenpflegepräsident der reformierten Kirche Rigi Südseite.

Kaspar Michel ist im dritten Amtsjahr Kirchenpflegepräsident in der Teilkirchgemeinde Rigi Südseite. Auf die Frage, weshalb er sich für diese Aufgabe entschieden hat, antwortet er mit einem Augenzwinkern: «Das frage ich mich auch immer wieder. Wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommt, hätte ich es vielleicht nicht gemacht.» Auch wenn er es humorvoll sagt, schwingt ein Stückchen Wahrheit mit hinein. Es sei einiges mehr Arbeit, als er vermutet hätte.

Kaspar Michel ist einer, der etwas ganz oder gar nicht macht. So auch als Kirchenpflegepräsident. Nebst diesem Amt ist der 68-Jährige auch Mitglied im Grossen Kirchenrat und in der Synode der Kantonalkirche Luzern. «Egal, wo ich gewohnt habe, ich habe mich immer gern am Gemeindeleben beteiligt. Ich möchte meinen Teil dazu beitragen», erklärt er seine Motivation.

Leidenschaftlicher Vater und Grossvater

Zuerst war er eine Amtsperiode Mitglied der Kirchenpflege, «und dann hat es sich einfach so ergeben», sagt er über das Präsidentsein. Die Kirche und der Glaube haben schon immer eine grosse Rolle in seinem Leben gespielt. «Die Kirche ist für mich ein Ort, an dem ich Kraft tanken und meinen Gedanken nachhängen kann.»

Kraft, die er in seinem täglichen Leben einsetzt. Er ist dreifacher Vater von erwachsenen Kindern und hat sechs Enkelkinder, mit denen er gerne Zeit verbringt. Seine älteste Enkelin ist beeinträchtigt und braucht viel Unterstützung. Ein- oder zweimal in der Woche holt Kaspar Michel sie in Zürich ab und bringt sie zur Schule. Daneben arbeitet er noch im kleinen Pensum als Brandschutzexperte für einen Architekten. Und Singen ist seine grosse Leidenschaft. Er singt mit im Projektchor «Singen am See». Auch im Gesang findet er Kraft. «Ich kann abschalten. Singen ist gut für meine Gesundheit.» Gerne geht er auf Reisen in andere Kirchen, um herauszufinden, wie die Akustik in der Kirche ist. «Ich singe dann einfach drauflos.»

Abenteuer in Kanada

Kaspar Michel ist ein Tausendsassa, ein Macher. Er packt mit an. Um kleinere Reparaturen in der Kirche oder dem Monbijou kümmert er sich selbst. Der gelernte Zimmermann und Dachdecker ist schon mal auf den Kirchturm in Vitznau geklettert und hat mit seiner Eigenkreation aus Ledergurt und Kabelbinder dafür gesorgt, dass das Glockenläuten heute dumpfer und sanfter zu hören ist. In seinem Leben war der Vitznauer schon so einiges: Nach seiner Ausbildung zum Zimmermann und Dachdecker verliess er das Berner Oberland und arbeitete im Zürcher Oberland für kurze Zeit in einer Zimmerei, bevor er mit seiner Frau Heidi Bolliger zusammen die Führung einer Badi übernahm.

Als die drei Kinder kamen, war der Job nicht mehr gut mit der Familie vereinbar. So baute er den Geschäftsbereich Kaminbau in einer Metallbaufirma auf. «Ich hatte noch nie einen Kamin gebaut, aber man kann ja alles lernen», erzählt er und grinst. Er brachte sich alles nötige Wissen bei und spezialisierte sich auf Specksteinöfen. Durch einen Tumor in der Hand, der operativ entfernt wurde, konnte er allerdings seinen Beruf nicht mehr ausüben.

Danach lebte der 68-Jährige einige Jahre mit seiner Frau in Kanada, wo sie eine Lodge aufbauten und er sich später mit einem Baugeschäft selbstständig machte. Als sein Sohn einen schweren Unfall hatte und das erste Grosskind zur Welt kam, war für die Eltern klar, dass sie ihre Zelte nach acht Jahren Kanada-Abenteuer abbrechen und zurück in die Schweiz kommen würden. «Die Familie ist das Wichtigste.»

Fehlender Nachwuchs

Wie geht es den Reformierten der Teilkirchgemeinde Rigi Südseite, wo drückt der Schuh und was würde er sich für sie wünschen? «Ein grosses Problem ist der fehlende Nachwuchs», sagt Kaspar Michel. Von den noch etwa 850 Mitgliedern sind fast 40 Prozent über 65 Jahre alt. «Die meisten jungen Familien mit Kindern vermögen hier schlichtweg keine Wohnung, wodurch uns Kinder fehlen. Also unsere Zukunft.» Heuer sei noch der letzte Jahrgang mit sechs Konfirmanden, im Jahr 2027 gebe es noch einen davon. Man sei daran, mit der Landeskirche Lösungen für diese Probleme zu finden.

Ungewiss ist es, wie es mit dem Sorgenkind, der Bergkirche Rigi, weitergeht. Zurzeit finden dort noch sechs bis acht Gottesdienste im Jahr statt. Besucht werden sie von wenigen Personen. «Wenn es mehr Personal als Besucher hat, geht die Rechnung nicht mehr auf. Das können wir uns nicht mehr lange leisten», gibt Michel zu verstehen. Auch hier sei man mit Luzern daran, Lösungen zu suchen.

Bei den meisten gut angekommen seien die Änderungen betreffend Sonntagsgottesdienst. Seit einigen Monaten findet dieser nicht mehr einzeln in Weggis, Vitznau und auf der Rigi statt. Neu beginnt er immer zur selben Zeit, nur der Ort wechselt ab. Alle zwei Monate wird anstelle des Sonntagsgottesdienstes abwechselnd eine Vesper mit Nachtessen am Freitagabend oder eine Feier im Chor am Samstagabend angeboten. «Diese Angebote hat der vorherige Pfarrer eingeführt, und sie werden durch unseren neuen Pfarrer, Michel Müller, weitergeführt», freut sich der Kirchenpflegepräsident.

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