Initiative zu Kriegsmaterialexporten eingereicht
Eine eindrückliche Menge von Menschen versammelte sicham 24. Juni unter strahlender Sommersonne auf der Bundesterrasse: Mehr als 300 Personen sollen bei der Einreichung der «Korrektur-Initiative» dabeigewesen sein, teilt die Allianz gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer mit. Die Anwesenden zeigten den Befürwortern der kritisierten Exporte symbolisch die rote Karte. Die Initiative wurde mit 134'000 Unterschriften ein ganzes Jahr vor Ende der Sammelfrist eingereicht.
Das Anliegen will Kriegsmaterialexporte in Bürgerkriegsländer und in Länder verbieten, die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen. Zudem wollen die Initianten in der Bundesverfassung festhalten, dass die Kriterien für solche Exporte nicht mehr per Verordnung von Verwaltung und Bundesrat entschieden werden können. Ein Gesetz soll die Mitsprache und Kontrolle von Parlament und Bevölkerung sicherstellen.
«Kein radikales Anliegen»
Für Johannes Bardill, Pfarrer in Horgen (ZH) und Mitglied des Initiativkomitees, war es ein guter Morgen. Dass es die Initiative brauche, zeige die breite Unterstützung dafür, sagt er: «Es ist nicht irgendwie ein linkes Anliegen, sondern es geht um wichtige ethische Entscheide. Das bewegt Friedensaktivistinnen, aber auch bürgerliche Parteien wie die BDP und EVP.» Ausserdem sei es kein radikales Anliegen, sondern viel mehr «ein Pflock, der eingeschlagen werden muss».
Und in den Augen des Pfarrers ist es durchaus ein Thema der Kirchen. «Es geht um ethische Fragen und vermeintliche wirtschaftliche Vorteile.» Schon vor Jahresfrist hätten daher über 150 Pfarrerinnen und Pfarrer der reformierten Kirche des Kantons Zürich in einem offenen Brief an den Bundesrat auf das Erbe der Reformation verwiesen. «Auch wenn Zwinglis Tod auf dem Schlachtfeld anderes vermuten lässt, waren Abschaffung des Söldnerwesens und Eindämmung der Kriegswirtschaft zentrale Anliegen der Reformation», rief die Pfarrschaft damals in Erinnerung.
Reformierte und Katholiken kritisieren Bundesrat
Der offene Brief war die Reaktion auf den Entscheid des Bundesrats im Juni 2018, dass der Export defensiver Waffensysteme sogar in Bürgerkriegsländer möglich sein soll – trotz vorgängigem Protest unter anderem vom Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund und der Bischofskonferenz. Die Rüstungsbetriebe hatten auf diese Lockerung gedrängt, um angeblich im Wettbewerb mit anderen europäischen Ländern mithalten zu können.
Daraufhin wollte der Nationalrat die Exportregeln für Rüstungsgüter im Gesetz festschreiben und stimmte im vergangenen September einer entsprechenden Motion der BDP zu. Damit hätte der Bundesrat die Kompetenz verloren, in Eigenregie die Bedingungen für Waffenausfuhren zu beschliessen.
Kein Wohlstand durch Leid in Kriegsregionen
Die Allianz gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer lancierte dann im Dezember die Korrektur-Initiative. Für BDP-Nationalrat und Allianz-Co-Präsident Martin Landolt ist sie auch wirtschaftlich wichtig, wie er bei der Einreichung sagte: «Es ist nicht zuletzt auch im Interesse der Industrie, dank glaubwürdigen Spielregeln wichtiges Vertrauen zurückzugewinnen.»
Marianne Streiff, Co-Präsidentin der Allianz, Nationalrätin und Präsidentin der Evangelischen Volkspartei (EVP), zeigte sich ihrerseits überzeugt, dass ein grosser Teil der Schweizer Bevölkerung auch ethische Grenzen für Geschäfte in Krisengebieten will: «Dass eine so hohe Zahl an Unterschriften in derart kurzer Zeit zusammenkam, zeigt mehr als deutlich: Der Bevölkerung ist das Thema alles andere als egal. Sie will ihren Wohlstand und ihre Landessicherheit nicht mit dem Leid und dem Leben der Zivilbevölkerung in Bürgerkriegsregionen erkaufen.»
Marius Schären, reformiert.info, 24. Juni 2019
Initiative zu Kriegsmaterialexporten eingereicht