Baselland, Basel-Stadt, Luzern, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, Uri, Zug

Ist die Durchsetzungsinitiative unchristlich?

min
25.02.2016
Seit Wochen empfehlen die Kirchen und ihre Hilfswerke die Durchsetzungsinitiative zur Ablehnung. Inzwischen hat die Diskussion die Pfarrschaft erreicht. Doch bei der Frage, ob die Vorlage der christlichen Ethik widerspreche, gehen die Meinungen auseinander.

Der Abstimmungskampf um die Durchsetzungsinitiative beschäftigt inzwischen die Pfarrschaft. Mit Inseraten und Presseerklärungen treten sie an die Öffentlichkeit. Heute morgen verteilten acht Pfarrerinnen und Pfarrer im Talar im Zürcher Hauptbahnhof Flyer mit Argumenten gegen die Durchsetzungsinitiative. Doch darüber, ob die Vorlage der christlichen Ethik widersprechen, sind sich die Amtsträger nicht einig. Unter dem Titel «Migranten sind nicht immer die Guten» stellt Peter Ruch die Frage, ob die Durchsetzungsinitiative unchristlich sei.

Ruch ist reformierter Pfarrer in Küssnacht am Rigi. Sein Kommentar erschien in der Basler und Luzerner Zeitung sowie anderen Medien. Ruch stellt jungen männlichen Migranten ein schlechtes Zeugnis aus. Die wenigsten würden es in Europa schaffen, weil die Bildung in den Herkunftsländern zu weit unter dem europäischen Niveau und Bedarf liege. «Der programmierte Misserfolg schafft Frustration und erhöht die Gewaltbereitschaft.»

Im Blick auf den christlichen Glauben räumt der Pfarrer ein, dass Migration in der Bibel oft vorkomme. «Im Evangelium gewinnt der Fremde als Empfänger der Barmherzigkeit ein besonderes Augenmerk.» Die wichtigste Position des christlichen Menschenbildes sei jedoch der Schutz des Schwachen. Es sei falsch zu meinen, die Schwachen seien immer die Migranten. Das sei nicht so, schreibt Peter Ruch. «In Tausenden von Fällen lässt sich nachweisen, dass die Migranten die Starken sind, die gegen Schwächere Gewalt ausüben. Um die Schwachen zu schützen, bräuchte es die Durchsetzungsinitiative. «Es gibt keinen Grund, die Vorlage als unchristlich zu diffamieren.» Ruchs Kommentar brachte ihm eine Einladung in den «Club» des Schweizer Fernsehens ein. Doch er sagte ab. Dies habe nichts zu tun, bekräftigte er gegenüber der Mittellandpresse, dass ihm der Kirchgemeinderat beschied, politisch «den Ball flachzuhalten».

Auf Echo stiess in den Sozialen Medien der Blog-Eintrag des Basler Industriepfarrers. In einer satirischen Kolumne fragt Martin Dürr, ob man als Christ Ja zur Durchsetzungsinitiative stimmen könne. Und gibt dann selbst die Antwort: «Natürlich! Unbedingt!» Doch dazu müsste man drei Tipps beherzigen. Erstens: Verbrennt die Bibel, denn darin stehe, dass «Gott alle Menschen gleich viel liebt, sogar Ausländer und Andersgläubige». Zweitens rät Dürr, mit dem Beten aufzuhören, denn es bestehe die Gefahr, dass Gott antworten und das Weltbild auf den Kopf stellen könnte. Etwa durch das Lachen eines Ausländerkindes. Und Drittens fordert Martin Dürr, das Denken einzustellen und Christoph Blocher zu folgen: Der alt Bundesrat schenke einfache Parolen. Da bräuchte man nicht miteinander Lösungen und Kompromisse zu finden.

Dürrs Blog-Beitrag, den die katholische Medienagentur kath.ch aufgriff, wurde etliche Male geteilt und kommentiert. Er habe Reaktionen aus der halben Schweiz erhalten, sagt Martin Dürr. Viel Zuspruch wie auch verärgerte Zuschriften. Mit seiner Glosse wollte der Industriepfarrer jene aufrütteln, die sich auf Jesus und die christliche Botschaft berufen und gleichzeitig Hassbotschaften unterstützen.

Autor: Tilmann Zuber
Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».

 

 

Unsere Empfehlungen

Die Moral erobert die Politik

Die Moral erobert die Politik

Die Klimadebatte sei moralisch und religiös aufgeladen. Dies führe zu Unversöhnlichkeit, sagt der Publizist Felix E. Müller. Statt vom Weltuntergang zu reden, müsse die Politik den pragma­tischen Kompromiss suchen.
Die Moral erobert die Politik (1)

Die Moral erobert die Politik (1)

Die Klimadebatte sei moralisch und religiös aufgeladen. Dies führe zu Unversöhnlichkeit, sagt der Publizist Felix E. Müller. Statt vom Weltuntergang zu reden, müsse die Politik wieder den pragmatischen Kompromiss suchen.