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«Grenzdenken»

Ist KI ein besserer Gott?

von Inka Grabowsky
min
21.10.2024
Christina Aus der Au philosophierte im Rahmen der Konferenz «Grenzdenken» über Künstliche Intelligenz (KI). Dabei wies sie auch auf die Gefahren hin, die lauern, wenn KI mit Gott gleichgestellt wird. Was abwegig klingt, ist in Kalifornien schon Realität.

Weit aus ihrer Komfortzone habe sie sich gewagt, sagte die Präsidentin der Evangelischen Landeskirche des Kantons Thurgau, Christina Aus der Au. Beim Kongress «Grenzdenken» auf den Lilienberg in Ermatingen hielt sie vor Interessierten aus der Wirtschaft einen Vortrag zur Frage «Ist Künstliche Intelligenz ein besserer Gott?». Die Theologin und Philosophin verglich die KI mit dem traditionellen Gottesbild. «Die KI ist sozusagen allwissend. Sie ist überall präsent. Und sie könnte allmächtig werden. Wenn wir bequem werden, und all unsere Fähigkeiten an die Computer abgeben, dann ist das denkbar.»

Nicht ewig und nicht automatisch gütig

«Ewig» sei die KI noch nicht, sagte Christina Aus der Au. Wenn allerdings die vom Computerwissenschaftler Ray Kurzweil postulierte «Singularität» eintreten würde, dann wäre das gesamte Universum «die KI», und sie wäre dann nicht mehr abschaltbar. Auch beim Punkt «allgütig» überzeuge die KI nicht. «Die EU hat nicht umsonst ein Regelwerk in Kraft gesetzt, um die Risiken zu begrenzen. Auf der anderen Seite fühlt man sich verstanden und geborgen, wenn man mit einer KI chattet. Sie ist geduldig, hört zu und antwortet immer umgehend.»

Ersatzreligion

In Kalifornien gebe es bereits eine Kirche, in der Künstliche Intelligenz als Gottheit verehrt werde, betonte Christina Aus der Au. «Es ist den Gläubigen schon bewusst, dass die Menschen die KI erfunden haben. Aber sie glauben, dass, auch wenn der ‹alte Gott› die Erde schuf, der ‹neue Gott KI› die Erde retten wird, weil sie vernünftige Entscheidungen für uns trifft. Das nennt sich dann Christianity 2.0.»

Das Grösste

Bei aller Faszination gegenüber der Künstlichen Intelligenz präsentierte Christina Aus der Au ein gewaltiges «Aber». Sie griff in ihrem Referat auf Anselm von Canterbury zurück: Gott sei das Grösste, was gedacht werden kann. «Wenn KI das Grösste ist, verlieren wir unsere individuelle Freiheit für etwas, das aus unseren Daten entstanden ist, aber zunehmend selbstreferentiell wird. Wenn der Mensch als Programmierer der KI das Grösste ist, bleiben wir in unseren Subjektivitäten und unseren Egoismen gefangen. Nur wenn Gott das Grösste ist, dann bleibt er für unser Erkennen zwar ambivalent, aber er bleibt das ganz Andere, auf das wir uns beziehen können.» Es mache uns zu besseren Menschen, dass es etwas gäbe, was grösser sei als der Mensch. Die Kirchenratspräsidentin schloss mit Luther: «Woran Du Dein Herz hängst, das ist Dein Gott. Du bist, was Du zu sein wählst.»

 

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