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Junge für die Kirche begeistern

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28.01.2022
Susanna Klöti ist die erste Jugendpfarrerin im Kanton Luzern. Sie erklärt, wie sie Junge für die Kirche begeistern will und weshalb sie mit ihnen eine Woche in einer Kirche war.

Wie lief Ihr Start
Aufgrund der angespannten Corona- Situation erhalte ich für viele Aktivitäten Absagen oder kann diese erst gar nicht durchführen. Im Moment mache ich viel Seelsorge. Ich habe einige Anfragen von Jugendlichen, die das Gespräch suchen.

Worüber sprechen die Jugendlichen mit Ihnen?
Viele haben eine Müdigkeit in sich, sehen keinen Sinn, wissen nicht, wann sich die Situation mit Corona bessert. Ob ich ihnen helfen kann, weiss ich nicht. Aber ich spüre, dass es ihnen hilft, darüber zu reden.

Weshalb braucht es Sie?
Die Idee ist entstanden, da man gemerkt hat, dass immer weniger Jugendliche und junge Menschen in die Kirche kommen. Wir erleben eine Überalterung der Kirche. Als Jugendpfarrerin kann ich bewusst versuchen, eine Beziehung mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufzubauen, die Kirche längerfristig für sie interessant machen und helfen, dass sie einen Sinn in der Kirche finden.

Ist es schwer, die Erste in diesem Amt zu sein?
Der Druck und die Ansprüche sind hoch. Viele haben das Gefühl, dass sich mit Jugendpfarrerinnen die Kirche retten liesse. Das wird nicht möglich sein. Ich versuche nicht, die Zahl der Mitglieder stabil zu halten, sondern Jugendliche in einer wichtigen Lebensphase zu begleiten und für die Kirche zu begeistern. Ohne den Anspruch, dass sie für immer in dieser Kirche bleiben werden.

Was machen Sie konkret?
Ich habe den Konfirmationsunterricht neu gestaltet anhand von Projekten, die sie selbst auswählen dürfen. Die Schülerinnen können beispielsweise in einem Hospiz Palliativbegleitungen erleben, im Altersheim Seniorinnen besuchen, an Führungen in der Gassenküche teilnehmen. Ich führe mit ihnen viele Gemeinschaftsprojekte durch, wie Schnee- oder Überlebenstrainingswochenenden oder eine Segelwoche. Der zentrale Gedanke dabei ist die Stärkung der Gemeinschaft.

Gibt es auch kritische Stimmen?
Es gibt Kritiker, die fragen, ob die Schülerinnen den christlichen Inhalt auch genügend vermittelt bekämen. Doch alles, was ich mache, ist mit christlichem Inhalt verknüpft.

Sie waren mit acht Jugendlichen eine Woche in der Lukaskirche. Weshalb?
Ich habe gemerkt, dass Jugendliche die Kirche oft mit langweiligen Gottesdiensten in Verbindung bringen. Deshalb wollte ich mit ihnen in einer Kirche leben, damit sie mit der Kirche auf anderen Wegen in Berührung kommen. Untertags gingen sie in die Schule, nach der Schule kamen sie in die Kirche.

Haben Sie in der Kirche geschlafen?
Die Jugendlichen wollten unbedingt einmal in der Kirche übernachten. Doch die tiefen Temperaturen erlaubten das nicht. Wir übernachteten also in den Unterrichtszimmern im Lukaszentrum. Aufgrund der positiven Rückmeldungen, die ich im Anschluss an diese Woche von den Jugendlichen erhalten habe, ist es eine Überlegung wert, eine ähnliche Woche auch einmal im Sommer durchzuführen. Dann erlauben es die Temperaturen, in der Kirche zu übernachten.

Was war Ihr Fazit nach der Woche?
Es gab eine spannende Entwicklung während dieser Woche. Am ersten Abend mussten sie das Handy für die Nacht abgeben. Dagegen wehrten sie sich. Die einen haben es versteckt, die anderen waren hässig. Am dritten Abend haben sie die Handys freiwillig abgegeben. Sie hatten so viele schöne gemeinsame Erlebnisse, dass sie die Handys nicht mehr benötigten. Zu Beginn der Woche schlug das Team vor, jeweils um 21 Uhr eine Kerze in der Kirche anzuzünden und ein Abendgebet zu beten. Am Anfang wurde darüber gekichert, am Ende der Woche blieben sie extra länger für das Ritual, ein Kind musste sogar weinen.

Was hat Sie am meisten beeindruckt?
Ein Junge hatte mich angerufen. Er informierte mich, dass er länger in der Schule bleiben müsse als geplant. Danach würde er nach Hause kommen. Dass er die Kirche als «sein Zuhause» bezeichnete, bewegte mich.

Was hat bislang nicht funktioniert?
Es ist immer ein Trial and Error. Man muss entdecken, was den Menschen gefällt, was anspricht und was eben nicht. Und man muss ehrlich zu sich sein, wenn man etwa ein Projekt cool findet, die Gemeindemitglieder jedoch nicht. Wenn etwas nicht funktioniert, muss man nach vorne schauen und etwas Neues anzetteln.

Wie kamen Sie zur Theologie?
Bei mir hat die Kraft des Heiligen Geistes schon früh gewirkt (lacht). Ich bin nicht sehr religiös aufgewachsen. Dennoch hatte ich bereits als Kind verkündet, dass ich Pfarrerin werden wolle. Mich hat die Kirche seit jeher angezogen. Meine Schwestern konnten damit nichts anfangen, ebenso wenig meine Freundinnen. Für sie war es uncool, Theologie zu studieren. Für mich gab es nie eine andere Option. Mittlerweile kommen auch meine Eltern öfters in die Kirche.

Was bedeutet Ihnen der Glaube?
Ich werde akzeptiert und getragen, ich bin nicht allein. Ich fühle das. Oft aber erst dann, wenn ich es bewusst zulasse. Manchmach braucht es eine bewusste Öffnung dafür.

Interview: Carmen Schirm-Gasser

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