Kann man mit der Bergpredigt Politik machen?
«Ihr seid das Salz der Erde, ihr seid das Licht der Welt.» Dieses Zitat aus der Bergpredigt bildete den Ausgangspunkt für eine Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft. Wie kann man durch den Glauben als Christ in diesen Bereichen «salzig» sein und «leuchten»?
An dem ökumenischen Anlass der Münchensteiner Kirchen diskutierten am 22. Januar unter der Moderation von Pfarrer Martin Dürr vom Pfarramt für Industrie und Wirtschaft Stephan Feldhaus, Leiter Kommunikation bei Roche, Landrätin Hanni Huggel, Beat Oberlin, bis Ende 2016 Präsident der Geschäftsleitung der Basellandschaftlichen Kantonalbank, und Jeanne Locher, Vizepräsidentin des Gemeinderats Münchenstein.
Stephan Feldhaus, der auch Theologe ist, hob in einem kurzen Input-Referat das Heil hervor, das in der Aussage «Ihr seid das Salz der Erde, ihr seid das Licht der Welt» liege. Diese «Heilszusage» gelte für alle Menschen. Niemand müsse sie sich verdienen. Es bedeute jedoch, dass man Vorbild sei. Darum sollte jeder Einzelne sich überlegen, wo er als Salz und Licht wirke. Doch auch die Kirchen müssten sich fragen, wo sie Salz und Licht seien. Der Einzelne könne nicht viel ausrichten, wenn die Struktur es nicht zulasse.
«Ohne Salz geht nichts»
Für Jeanne Locher ist es selbstverständlich, «salzig» zu sein. Salz stehe in jeder Küche. So gehöre es auch zum Leben und zur Politik. «Ohne Salz geht nichts.»
Bismarck soll gesagt haben: «Mit der Bergpredigt kann man keine Politik machen.» Martin Dürr fragte seine Gäste, was sie davon hielten. Damit könne er nichts anfangen, sagte Feldhaus: «Die innere Grundhaltung als Christ kann ich auch in der Wirtschaft und in der Politik einnehmen.» Er sei überzeugt davon, dass die Welt friedlicher würde, wenn mehr Menschen dies täten.
Für Beat Oberlin liegt die christliche Haltung darin, seiner Verantwortung als Vorgesetzter Sinn zu geben, indem man Vorbild ist. Er habe sich dauernd damit auseinandersetzen müssen, wie er den Mitarbeitenden, den Kunden und dem Bankeigentümer gerecht wird – ein Konflikt, bei dem gegenseitiger Respekt besonders wichtig sei.
Alle Podiumsteilnehmer waren sich über die Bedeutung der Vorbildfunktion einig. Das Vorleben christlicher Werte sei für Jugendliche besonders wichtig. Doch es herrsche viel Unkenntnis darüber, was eine christliche Haltung auszeichnet, meinte Martin Dürr. Hier hätten die Kirchen versagt, weil sie sich zu sehr um sich selber drehten, sagte Stephan Feldhaus. «Ich zeige ehrliches Interesse am Menschen» – dies sei das erste Kriterium für Mitarbeitende, so Feldhaus. «Wir müssen es ihnen beibringen, weil es die Kirchen nicht mehr tun.»
«Es braucht eine neue Reformation»
Die Kirchen sollten auf die Jugendlichen zugehen, sich mit ihren Themen beschäftigen und sich mit ihnen darüber austauschen, betonte Hanni Huggel. «Es braucht eine neue Reformation», glaubt Stephan Feldhaus. Wenn die Kirche sich nur um den Fortbestand der eigenen Struktur kümmere und sich mit alten Fragen beschäftige, statt die heutigen Sinnfragen der Menschen ernst zu nehmen, könne es nicht gut gehen, so Feldhaus .
Karin Müller / 26. Januar 2017
Kann man mit der Bergpredigt Politik machen?