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Porträt

Kirche ist menschlich – keine Fakten oder Zahlen

von Carole Bolliger
min
27.12.2024
In der Gemeinde Malters wirkt Brigitte Gutfleisch als eine treibende Kraft der reformierten Kirche. Die 57-jährige Präsidentin der Kirchenpflege verkörpert mit ihrer warmherzigen und zugleich pragmatischen Art den Geist einer modernen, zukunftsorientierten Kirchgemeinde.

Aufgewachsen in Malters und nach einigen Jahren der Abwesenheit 1989 zurückgekehrt, bezeichnet Brigitte Gutfleisch den Ort als ihre Heimat. «Ich fühle mich wohl hier», sagt sie mit einem Lächeln, das ihre tiefe Verbundenheit mit der Gemeinde widerspiegelt. Seit 33 Jahren verheiratet, zweifache Mutter und Grossmutter, hat sie ihr Leben der Fürsorge für andere gewidmet. Ihre berufliche Laufbahn als Pflegefachfrau, danach Familienfrau und aktuell beim Entlastungsdienst vom Roten Kreuz zeigt ihre Hingabe für Menschen in schwierigen Lebensphasen. «Das Lebensende hat mich immer interessiert», erklärt sie. Das spiegelt sich auch in ihrem ehrenamtlichen Engagement im Hospiz Zentralschweiz wider.

Seit 2019 ist sie in der Kirchenpflege der reformierten Teilkirchgemeinde Malters tätig, seit 2021 als Präsidentin. Trotz des herausfordernden Mitgliederschwunds bleibt sie optimistisch: «Ich bin lösungsorientiert unterwegs. Es nützt nichts, wenn wir jammern, wir müssen nach vorne schauen und Lösungen finden.» Ihr Engagement für die Kirche entspringt einem tiefen inneren Bedürfnis. Sie möchte ein Teil des Ganzen sein. «Für mich ist die Arbeit ein Prozess, der Stein darf ins Rollen kommen. Es geht um das Zusammensein mit den Menschen, darum, das Evangelium zu leben, für andere da zu sein.»

Glaube als Mentor

Dankbarkeit, Vertrauen und Verlässlichkeit sind für Brigitte Gutfleisch wichtige Werte, die sie selbst auch lebt. Nicht nur im persönlichen Leben, sondern auch in ihrer Arbeit in der Kirchenpflege. «Wir sind ein harmonisches Team, eine Familie», beschreibt sie die Atmosphäre in der Kirchgemeinde. Glaube ist für sie Zuversicht, Halt und Weitblick zugleich. «Der Glaube ist mein Mentor», sagt sie. Diese tiefe Spiritualität zeigt sich auch in ihrer Sicht auf die Rolle der Kirche im Alltag: «Kirche ist nicht nur an grossen Anlässen wie Taufe, Hochzeit und Abdankungen wichtig, Kirche ist auch im Alltag wichtig, auch in den kleinen Sachen.» Zum Beispiel wenn das 11-Uhr-Glöckchen läute und man kurz innehalte.

Und vor allem betont sie, dass Kirche keine Fakten ist. «Kirche ist keine Zahlen oder Prozente, denn es geht um Menschen. Kirche ist menschlich.» Die Kirche wolle ein Gefühl von Geborgenheit und Schutz vermitteln. «Dass wir getragen sind und uns auf Gott, aber auch auf uns selbst verlassen können.» Es fange im Innern jedes Einzelnen an, dort müsse man ansetzen, ist sie überzeugt.

Welche Themen brennen ihr besonders unter den Nägeln? Zum einen die Frage, wie junge Menschen in der Kirche gehalten oder in die Kirche geholt werden können. Sie plädiert für einen Fokus auf Qualität statt Quantität und betont die Bedeutung innovativer Projekte, von denen ihre Kirche einige zu bieten hat. Was sie auch sehr nachdenklich macht, ist die Tatsache, dass es Menschen gibt, die aus finanziellen Gründen aus der Kirche austreten müssen. Sie würden zwar gern bleiben, könnten es sich aber nicht leisten. «Das dürfte nicht der Grund sein», findet Brigitte Gutfleisch klar. Die Lösung dafür hat allerdings auch sie noch nicht gefunden.

Alle stellen sich zur Wiederwahl

Eine besonders bewegende Anekdote teilt sie aus jüngster Zeit: Bei eisiger Kälte fand sie mit ihrem Mann einen älteren Mann, hilflos auf dem Trottoir liegend, ohne Jacke, am Erfrieren. «Ich durfte ihm Wärme geben, hielt seine kalten Hände, bis Hilfe kam. Das war ganz ein spezieller Moment, der Mann war sehr dankbar, das war etwas Göttliches.»

Mit Blick auf die Zukunft zeigt sich Brigitte Gutfleisch dankbar und zuversichtlich. Die gesamte Kirchenpflege stellt sich dieses Jahr bei den Gesamterneuerungswahlen zur Wiederwahl, ein Umstand, den sie als Geschenk betrachtet. Ihr Engagement für die Gemeinschaft bleibt ungebrochen: «Dass wir Zeit haben und für Mitmenschen da sein können», sieht sie als zentrale Aufgabe der Kirche, besonders in Zeiten der Einsamkeit. «Kirche kann einen Schlüsselmoment bieten, wenn Menschen in Not sind. Das ist ein grosser Auftrag der Kirche», ist sie überzeugt. Mit einer gesunden Mischung aus Bodenständigkeit, Mitgefühl und Innovationsgeist ist Brigitte Gutfleisch eine inspirierende Figur in der reformierten Kirche Malters.

 

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