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Sonja Döbeli: Neu im Kirchenvorstand

«Kirche kann Hafen, Heimat und Sicherheit sein»

von Carole Bolliger
min
01.06.2024
LUZERN | Sie ist zuständig für Finanzen und Controlling und das neueste Mitglied des Kirchenvorstands: Sonja Döbeli Stirnemann will ihren Teil dazu beitragen, dass die Reformierte Kirche Luzern fit für die Zukunft wird.

Sonja Döbeli Stirnemann, wie haben Sie die ersten 100 Tage in Ihrem neuen Amt als Kirchenvorsteherin erlebt?

Intensiv und extrem viel Neues. Aber meine Vorstandskolleginnen und -kollegen und die Menschen, mit denen ich in diesem Amt zu tun habe, sind sehr offen und wertschätzend. Ich fühle mich willkommen und habe einen sehr guten Start gehabt.

Was war Ihre Motivation, dieses Amt zu übernehmen?

Das waren verschiedene Aspekte. Zum einen waren Finanzen und Controlling schon immer ein Schwerpunkt in meinem Lebenslauf, zum anderen habe ich eine neue Aufgabe gesucht mit breiter Verantwortung. Dass ich für dieses Amt angefragt wurde, hat mich geehrt. Und dass ich dann auch gewählt wurde, noch mehr.

Wie ist Ihre Beziehung zur reformierten Kirche?

Meine Eltern sind beide reformiert und auch mein Mann. Ich bin also in einem reformierten Umfeld zu Hause, obwohl wir in einer Diaspora leben. Ich habe aus meiner Kindheit und Jugendzeit sehr gute Erinnerungen an die reformierte Kirche, danach habe ich etwas den Bezug verloren. Durch meine politischen Tätigkeiten hatte ich immer wieder mit verschiedenen Exponenten der Kirche zu tun, und als ich Ursi Stämmer-Horst (ehemalige Synodalratspräsidentin, (Anm. d. Red.) kennenlernte, habe ich wieder mehr Bezug zur reformierten Kirche bekommen.

Wie ist Ihr Eindruck: Wie geht es der Reformierten Kirche Luzern?

Der Kirche geht’s aktuell noch gut. Aber wenn es sich so weiterentwickelt, wäre das nicht mehr so lang der Fall. Deshalb haben wir den Organisationsentwicklungsprozess angestossen. Jetzt haben wir noch
die Mittel und Ressourcen, damit wir uns Gedanken machen und Lösungen finden können, die uns fit für die Zukunft machen.

Was sind zurzeit die grössten Herausforderungen?

Zum einen sind wir von der Teuerung betroffen. Da denke ich zum Beispiel an den Unterhalt von bestehenden Gebäuden. Des Weiteren haben auch wir einen Fachkräftemangel als Kirche. Am meisten schmerzen natürlich die vielen Austritte von Mitgliedern. Ich fände es schön, wenn wir das stoppen könnten.

Wie wollen Sie das erreichen?

Wir leben in einer Zeit, in der die Kirche und der Glaube wieder vermehrt gebraucht werden. Sie können Halt geben in einer Welt, in der irgendwie nichts mehr normal ist. Die Menschen dürfen erkennen, dass die Kirche Hafen, Heimat und Sicherheit bietet. Das müssen wir ihnen wieder bewusster machen.

Wie?

Das muss an der Front passieren. Also durch unsere Pfarrpersonen und Mitarbeitenden und Freiwilligen, die direkt mit den Menschen vor Ort zu tun haben. Wichtig ist, dass wir Familien motivieren und gewinnen, denn ihre Kinder sind unsere Zukunft.

Welche Ziele haben Sie sich als Mitglied des Kirchenvorstands für die kommende Zeit gesetzt, und wie wollen Sie diese erreichen?

Ein grosses Ziel ist sicherlich die finanzielle Stabilität unserer Organisation. Da sehe ich viel Potenzial. Wir haben Liegenschaften, mit denen wir einen Teil der wegfallenden Steuereinnahmen kompensieren können. Es sind grosse Ziele, die wir nicht von heute auf morgen erreichen können, aber wir müssen sie anpacken, und zwar jetzt!

Sie sind Betriebsökonomin, waren bis Ende 2023 Vizedirektorin der Schweizer Journalistenschule MAZ. Von 2007 bis 2023 vertraten Sie im Luzerner Stadtparlament die FDP mit dem politischen Schwerpunkt Finanzpolitik. Auch im Kirchenvorstand haben Sie nun das Ressort Finanzen und Controlling. Wäre das nicht die Chance gewesen, mal etwas «Neues» auszuprobieren?

Mein neues Amt ist etwas ganz Neues. Kirche ist etwas anderes als Schule, wenn auch sie näher an der Politik ist, als ich dachte (schmunzelt). Man sagt, man soll auf den Stärken aufbauen und nicht auf den Schwächen. Deshalb macht es Sinn, dass ich meine Stärken im Ressort Finanzen und Controlling einbringe und sie weiterentwickle.

Sie sind Kommunikationsspezialistin. Wie planen Sie, die Kommunikation und den Austausch mit den Gemeindemitgliedern zu verbessern?

Wir versuchen in Zukunft und auch heute schon, über mehrere Kanäle zu kommunizieren und digitaler zu werden. Das heisst, dass wir zum Beispiel beim Erstellen von Inhalten bereits daran denken, auf welchen anderen Kanälen wir diese kommunizieren möchten.

Wie möchten Sie die finanzielle Stabilität der Institution sicherstellen und gleichzeitig soziale Projekte wie die Seelsorge ausbauen?

Wir müssen die Einnahmeseite stabilisieren, neue Einnahmequellen finden sowie die Kostenseite genau anschauen. Es ist wichtig, dass wir effizienter werden. Wir haben sehr viele gute, engagierte Menschen, die für die Kirche und für die Zukunft der Kirche arbeiten. Wenn wir alle an einem Strang ziehen, können wir viel bewirken.

Welche persönlichen Erfahrungen und Eigenschaften bringen Sie mit, die Ihnen helfen werden, ein erfolgreiches Mitglied des Kirchenvorstands zu sein?

Einerseits mein Sach- und Fachwissen für mein Ressort, andererseits auch mein politisches Wissen, das ich über viele Jahre gesammelt habe. Ich weiss, wie die Politik tickt, wie man in Gremien arbeitet, wie man sie leitet. Zudem bin ich gut vernetzt und kenne viele Leute, das kann auch hilfreich sein. Carole Bolliger

 

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