Kirche und Biodiversität
«Unterstützt die Evangelische Landeskirche auch die Biodiversitätsinitiative?», so wurde ich kürzlich angefragt. Mal abgesehen davon, dass ich nicht «die» Evangelische Landeskirche bin, ja dass evangelischerseits überhaupt niemand für «die» Kirche sprechen kann, ist die Frage nicht ganz unberechtigt. Über alle unseren kleinen und grossen Differenzen hinweg glauben wir, dass Gott die Welt erschaffen und die Schöpfung in ihrer ganzen Vielfalt für gut befunden hat. Wenn wir zulassen, dass die Biodiversität, die Vielfalt der Arten, Farben, Formen und Organismen, immer mehr zerstört wird, dann läuft dies Gottes Schöpfungsgedanken entgegen.
Dass die Biodiversität geschützt werden soll, darüber ist man sich nicht nur über Frömmigkeitsgrenzen hinweg einig, sondern auch quer durch alle Parteien und Verbände. Die Frage ist nur wie! Wer soll wieviel bestimmen? Bund oder Bauern? Wessen Interessen zählen im Zweifelsfalle mehr? Wieviel Ökoflächen brauchen wir und wieviel Kulturland? Wieviel für Nahrungsmittelproduktion und wieviel als Schutzobjekte? Wieviel für nachhaltige Energie und wieviel für Artenschutz? Und wer zahlt das Ganze, der Bund (also wir) oder unsere Nachkommen?
Initiative, ja oder nein? Christinnen und Christen in ihrer Unterschiedlichkeit – und nichts anderes ist «die» Kirche – setzen sich ein für eine engagierte und respektvolle Diskussion zwischen den Positionen. Sie stimmen dann entsprechend ihren Überzeugungen ab, aber alle leben selbstverständlich in ihrem alltäglichen Konsumverhalten ihr Engagement für die Bewahrung der Schöpfung. Vor und nach dem Abstimmungssonntag!
Christina Aus der Au
Christina Aus der Au ist Theologin und Kirchenratspräsidentin der Evangelischen Landeskirche Thurgau. Sie gehört dem Vorstand des Präsidiums des Deutschen Evangelischen Kirchentags an und war Präsidentin der 36. Auflage in Berlin und Wittenberg im Jahr 2017.
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