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Maria und Josef ohne Gesicht

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09.12.2022
Die selbst gemachten Schwarzenberger Figuren bevölkern die Familienkrippen seit den 1960er-Jahren. Bis heute ist die Tradition der handwerklichen Gestaltung in Frauenhand.

Sie heissen Schwarzenberger oder Egli-Figuren. Ihr auffälligstes Merkmal: Sie haben keine Gesichter. Die charakteristische etwa 30 cm hohen, selbst gemachten Figuren aus beweglichem Draht schmückten ab den späten 1960er-Jahren die Krippen unzähliger Schweizer Haushalte. Auch in Kirchgemeinden findet man Krippenszenen mit den 50 bis 70 cm grossen Schwarzenberger Figuren.

Josy Brunner, Leiterin im «Haus der Mütter» im luzernischen Schwarzenberg, und die Lehrerin Doris Egli aus Baar führten Mitte der 60er-Jahre die ersten kunsthandwerklichen Kurse für Frauen durch und entwickelten die Figuren weiter. Seit 2000 -bietet die Vereinigung Kursleiterinnen biblische Figuren Schwarzenberg (vkbfs) Kursleiterinnen aus. Die vkbfs möchte damit die Qualität sicherstellen und «neue biblische Themenkreise erschliessen». Die Figuren, die ursprünglich von Müttern für die Familienkrippe zu Hause hergestellt wurden, kommen heute als biblische Figuren im Unterricht in Kirche und Schule, im Gottesdienst, in der Erwachsenenbildung sowie in Kunst und Therapie zum Einsatz.

Für die vkbfs ist die Arbeit mit den Figuren «eine Ausdrucksform christlicher Spiritualität». Das Herstellen der Figuren sei eine beglückende Erfahrung. Ebenso könnten die Figuren über ihre «Schönheit und Einzig-artigkeit» die Betrachtenden berühren. Jede Figur wird individuell gestaltet. Alle sind jedoch beweglich, sie können verschiedene Körperhaltungen einnehmen und Gebärden ausdrücken. Dass sie keine Gesichter haben, ist kein Zufall. Dahinter steht ein pädagogischer Ansatz. Der Gesichtsausdruck soll nicht festgelegt werden, damit eine Figur mehrere Rollen übernehmen kann. Die Körperhaltung soll Gefühle und Absichten ausdrücken. Dabei bleibt viel Spielraum für die Fantasie der Betrachtenden. Manche irritiert die Gesichtslosigkeit aber auch, wie man Kommentaren in Ausstellungen entnehmen kann.

1976 kam es zum Bruch zwischen Doris Egli und den Schwarzenberger Frauen, weil Egli Urheberrechtsansprüche geltend mach-te. Kritik gab es auch, weil das Material für die Gestaltung der Figuren nicht frei käuflich war. Damit wollten die Frauen die Figuren vor der Kommerzialisierung schützen. Dies bedeutete aber, dass Interessierte auf die Kurse angewiesen waren, um die Figuren herstellen zu können. Heute kann man die Figuren fertig kaufen, und viele -Bastelläden bieten das Material zum Selbermachen an. 

www.schwarzenbergerfiguren.ch

Karin Müller, 9.12.2022, Kirchenbote

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