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Meine Pfarrerin, der Coach

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25.11.2021
Marie-Luise Blum, Pfarrerin in Hochdorf, coacht Menschen in Lebenskrisen. Das Angebot läuft so gut, dass sie ausgebucht ist.

Donnerstagabend, 19 Uhr. In der reformierten Kirche Hochdorf brennt noch Licht. Im ersten Stock des Pfarrhauses sitzt Damaris Waller in dem kleinen Büro, in dem sie in der Vergangenheit regelmässig zur Beratung war. Die 39-Jährige sitzt relaxt in ihrem Stuhl und wirkt, als würde sie in sich ruhen. Vor drei Jahren, als sie bei Marie-Luise Blum anklopfte, war sie in anderer Verfassung. Viel ist seither passiert. Und sie ist dankbar für das kirchliche Angebot. Nun möchte sie etwas zurückgeben für die Hilfe, die sie erfahren hat, und scheut sich nicht, ihre Geschichte zu erzählen. Um anderen Mut und auf das Coaching der reformierten Kirche Hochdorf aufmerksam zu machen.

Alles begann vor rund drei Jahren. Ihr Mann hatte sich nach elf Jahren Ehe von ihr getrennt. Die Trennung kam zwar nicht unvorbereitet. Dennoch sah die Welt für sie auf einmal anders aus, allein mit zwei Kindern im Alter von fünf und sieben Jahren und mit all den Ängsten vor der Zukunft. Wie sollte sie die Finanzen meistern, die stets ihr Mann erledigt hatte? Wer soll die Kinder betreuen, während der 13 Wochen Schulferien, wenn sie zur Arbeit geht? Wo ihr doch mitgeteilt worden war, sie müsse von Gesetz her ihr Arbeitspensum von 40 auf mindestens 50 Prozent erhöhen. Damaris’ Kräfte schwanden. Ihre Eltern und auch Freunde waren zwar da. «Ich merkte aber, dass ich externe professionelle Unterstützung brauchte», erinnert sich Damaris. Irgendwann gaben ihr die Eltern den Tipp, sie solle sich doch an Pfarrerin Marie-Luise Blum wenden. Sie biete Menschen in schwierigen Lebenssituationen Coaching an.

Einmal in der Woche beim Coaching
Damaris kannte Marie-Luise Blum durch die Taufen ihrer Kinder. Von dem Angebot jedoch hatte sie noch nie gehört. Sie benötigte all ihren Mut, um bei der Pfarrerin anzurufen. An das erste Treffen erinnert sie sich nur noch vage. Was ihr blieb, ist, dass endlich alles rauskonnte, was sich so lange angestaut hatte. Und das tat gut. Von da an ging sie regelmässig zu ihrer Pfarrerin ins Coaching – meist einmal in der Woche, manchmal öfter, je nach Gefühlszustand, in dem sie sich gerade befand. «Es war nicht nur ein Abladen der Probleme. Ich fand einen anderen Zugang zu mir, eine neue Perspektive auf mich selbst, ich erkannte mein Potenzial », sagt Damaris. «Wir arbeiteten mit Figuren oder im Rollentausch. Jedes Mal, wenn ich rausging, war ich gestärkt.» Es folgte eine Zeit der vielen Hochs und Tiefs. Marie-Luise Blum war stets erreichbar. Selbst spät am Abend und an den Wochenenden durfte sich Damaris bei ihr melden, stets via Whatsapp. Selbst wenn manchmal nur eine kurze Antwort am darauffolgenden Tag kam, fühlte sich Damaris aufgefangen.

Viele Zusatzausbildungen
Irgendwann in dieser Zeit fand sie auch einen neuen Zugang zu Gott, aufgrund eines Autounfalls mit schwerem Schleudertrauma. «Dieser Schicksalsschlag bremste mich aus und brachte mich Gott näher», sagt sie. Ein Thema, über das sie auch an den Sitzungen sprechen konnte. «Ich missioniere nicht», sagt die Pfarrerin. «Aber natürlich war Gott kein Tabu in unseren Gesprächen. Gott ist für mich die positive Kraft in all unseren Beziehungen. Immer dort, wo sich zwei Menschen aufeinander einlassen, ist Gott dabei.» Die 58-Jährige strotzt vor Energie und Lebensmut, ihre Liebe zu Menschen ist spürbar. «Ich habe eine mir von Gott geschenkte Zuversicht», sagt sie über sich selbst. Diese gebe ihr immer wieder die Intuition, die richtige Methode für ihre Klienten zu finden. Und das Potenzial im Gegenüber zu sehen. «Meine Zusatzausbildungen in Beratung und Coaching haben mir eine reiche Auswahl an Methoden und Zugängen zu menschlichen Ressourcen geschenkt. So ist es leicht, auf die jeweiligen Individuen einzugehen.»

Gehört Coaching in die Kirche? «Es ist Auftrag der Kirche, den Menschen beizustehen», sagt Marie-Luise Blum. Wir müssen mit der Zeit gehen. Manche Menschen haben mit dem Begriff der Seelsorge gewisse Hürden. Wir sollten in der Kirche den Mut haben, auch nicht traditionelle Formen der Lebensbegleitung anzubieten.» Für Damaris Waller hat sich das Coaching gelohnt. «Ohne die Unterstützung wäre ich heute nicht da, wo ich jetzt bin.» sagt sie und strahlt.

Carmen Schirm-Gasser

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