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Mit anderem Blick auf Ostern zu

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06.03.2018
War Judas der Verräter? Und Pilatus der Henker? Die musikalischen Meditationen, literarischen Betrachtungen und liturgischen Feiern auf dem Bruderholz beschreiten den Weg von Palmsonntag bis Ostern – aus ungewohnter Perspektive.

Palmsonntag, Hoher Donnerstag, Karfreitag, Osternacht, Ostersonntag: Die Feiertage der Karwoche sind jenen, die sich noch auf den Weg machen, hinlänglich bekannt. Oft ist es das erneute Hineintauchen in das liturgisch Vertraute, das musikalisch Bekannte. Dass der Weg von Palmsonntag bis Ostern auch anders gedacht werden kann, möchte eine Veranstaltungsreihe aufzeigen, die OFFLINE, das ökumenische Zentrum für Meditation und Seelsorge, durchführt, und die auf dem Bruderholz stattfindet: In den Kirchen Titus und Bruder Klaus, im Atelier du Monde, beim Ehepaar Lüdin und als Aussenstation im Kapuzinerkloster Olten.

Verrat oder Freundesdienst?
Die Wegbegleiter rund um die sieben letzten Worte Christi sind Judas, Simon Fels (Petrus) und Pilatus, die Bereiter des Heilswegs. Denn ohne den Verrat des Judas, die Verleugnung des Petrus und die Verurteilung durch Pilatus wären die «sieben Worte Jesu am Kreuze» weder gesprochen noch von Joseph Haydn komponiert worden, und der Plan Gottes hätte eine andere Wendung genommen, was indes nicht eintraf. Also doch alles wie gehabt? Mitnichten.
In den von Mitorganisator Christian Sutter ausgewählten und vorgetragenen Texten von Walter Jens wird Judas nicht als Verräter gehandelt, sondern als jener, der als treuster Freund Jesu den Verrat auf sich nahm, um die Heilsgeschichte zu ermöglichen. Ohne Judas wäre Jesus, so Walter Jens, als betagter Zimmermann nach einem arbeitsreichen Leben unbehelligt gestorben – vergessen von der Welt. Und die dreissig Silberlinge, die Judas als Lohn erhielt – ein Schuldbeweis? Walter Jens sieht dies, biblisch wohl begründet, anders und verweist auf das alte Testament.
Der Fischer Simon wiederum, erhält den Zunamen «Petrus», der Fels. Er ist einer, der Jesus dreimal verleugnet, von Jesus des Teufels genannt wird und doch das Fundament der Kirche bilden soll. Ein Fels oder eher ein Schwamm? Ein Blick in die Galerie seiner Nachfolger schafft Klärung. 
Und Pilatus, der Verurteilende und dadurch Schuldbeladene, der indes an seinem Urteil mehr als zweifelt. Er, der Jesus retten möchte, aber dem Heilsplan, der ihm den Part des Henkers zuteilt, doch Folge leistet. Die Rollen der Protagonisten werden neu definiert. Nebst dem Text «Jesu letzte sieben Worte am Kreuz» von Walter Jens greift Christian Sutter auch auf Betrachtungen vonLuise Rinser zurück.

Wort und Musik im Einklang
Die liturgischen Feiern von Gründonnerstag bis Ostern richten sich nicht nur auf Karfreitag  aus. Sie weisen aber darüber hinaus, indem am Ostermorgen die Emmaus-Jünger zu Wort kommen – «Hat unser Herz nicht gebrannt und stand in Flammen?» – und der Ostergottesdienst im Geiste von «Erinnert euch seiner Worte» begangen wird. Ein Team um Pfarrerin Monika Widmer Hodel (Titus) und die katholische Theologin Anne Lauer (Pfarrei Heiliggeist) gestalten die liturgischen Feiern.Der musikalische Part an solchen Anlässen wird in Ankündigungen sprachlich oft mit dem Wort «Umrahmung» umschrieben. Etwas, das im Rahmen dieser Veranstaltungen nicht zutrifft. Joseph Haydns Komposition «Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze» besteht aus sieben langsamen Sätzen. Dazu Joseph Haydn: «Die Aufgabe, sieben Adagio’s aufeinander folgen zu lassen, ohne den Zuhörer zu ermüden, war keine von den leichtesten.» Ihm war wichtig, dass Wort und Musik in ihrem Ausdruck übereinstimmen, weshalb der Text der ersten Geigenstimme unterlegt wurde. «Jedwedere Sonate, oder Jedweder Text ist bloß durch die Instrumental Music dergestalten ausgedruckt, dass er selbst den unerfahrensten den tieffesten Eindruck in Seiner Seel Erwecket», schrieb der Komponist dazu.

Was ist Wahrheit?
Für die musikalischen Meditationen konnten sowohl das Sonos-Quartett, als auch Viviane Chassot (Akkordeon), Helena Winkelman (Violine) und Susanne Böke-Kern (Orgel) gewonnen werden. Nebst Haydn erklingen Werke von Bach, Kurtág, Winkelman, Satie und Piazzolla.Die Karwochenveranstaltungen versuchen mit dem Perspektivenwechsel auch eine Antwort auf die Frage zu geben «was ist Wahrheit?». Der andere, ungewohnte Blick auf das vermeintlich bekannte Ostergeschehen lässt vermuten, dass die Antworten je nach Standpunkt unterschiedlich erfahrene Wahrheiten anders ausfallen. 

Franz Osswald

Die sieben letzten Worte: 25. März bis 1. April, Programm, Orte, Zeiten: www.offline-basel.ch

 

 

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