Miteinander im Kreis unterwegs sein
Maja Meyer und Verena Stamm wirken erleichtert. Nach zweijähriger Suche haben sich Nachfolgerinnen gefunden, die das «Abendgebet mit Meditationstanz» im Münster Schaffhausen weiterführen werden. Gegründet wurde es vor dreissig Jahren von Maja Meyer, damals Kirchenrätin und Frauenbeauftragte, der Erwachsenenbildnerin Gertrud Erni und der Pfarrerin Esther Schweizer.
Maja Meyer und Verena Stamm leiteten das Abendgebet seit zehn Jahren an jedem zweiten Donnerstag im Monat. Verena Stamm suchte die Musik aus und choreografierte die Tänze, Maja Meyer übernahm nach einem feministisch-theologischen Fernstudium die Wortteile.
Verbindung von Gebet, Musik, Körper
Im letzten Oktober gestaltete das Zweierteam das Abendgebet zum letzten Mal. «Ich blicke auf eine sehr reiche Zeit zurück. Das meditative Tanzen ist ein Gebet mit Leib, Körper und Seele. Das mit anderen zu teilen, die ebenfalls auf der Suche sind, hat mir viel gegeben», so Verena Stamm.
Auch Maja Meyer nimmt Wertvolles mit aus den vergangenen Jahren: «Es hat mir Freude gemacht, mit Verena die Texte und Themen für die Abendgebete auszusuchen und zu diskutieren.» Sie erinnert sich an viele Begegnungen. «Immer wieder haben mir Menschen aus ihrem Leben erzählt und mir vieles anvertraut. Ich durfte lernen, wie wichtig das Zuhören ist.» Wenn Meyer und Stamm vom «Abendgebet mit Meditationstanz» erzählen, berichten sie von einem ganzheitlichen Gottesdienst. «Wenn ich tanze, bete ich mit meinem ganzen Körper. Wenn ich einen Text lese und ihn nachher in der Stille meditiere, regt das meinen Geist an. Das tut mir in der Seele gut.»
Der Ablauf besteht aus einer Begrüssung, sakralen Tänzen, zwei Texten mit nachfolgender Stille und einem Segen zum Abschluss. Die Abendgebete folgen einem Jahresthema. Frauen aus der Bibel, Psalmen, die Farben des Regenbogens oder die Glocken des Münsters mit ihren Inschriften sind Beispiele dafür. «Das Abendgebet ist für mich ein Gottesdienst, der alle Sinne mit einbezieht und Gemeinschaft stiftet», erklärt Maja Meyer. «Man sitzt nicht passiv in der Kirchenbank, sondern erlebt die Verbindung von Text, Musik und Bewegung mit seinem ganzen Sein», ergänzt Verena Stamm. Die ausgebildete Tanzleiterin gestaltete und choreografierte die Tänze des Abendgebetes seit 20 Jahren. «Der sakrale oder meditative Tanz ist ein Kreistanz. Die Gebärden symbolisieren, was wir ausdrücken möchten. Ob schnell, fröhlich, langsam, suchend, jeder Schritt bedeutet etwas. Rückwärtsgehen heisst zum Beispiel Vertrauen», so die Tanzpädagogin. «Der Kreis symbolisiert das Miteinander-unterwegs-Sein, es gibt keinen Anfang und kein Ende, niemand steht allein.»
Wichtig sei die Kreismitte, die immer sorgfältig gestaltet werde, zum Beispiel durch eine Kerze, durch Blumen oder eine Schale. «Uns war diese Mitte über all die Jahre wichtig. Wir umtanzen beim Reigen eine gemeinsame Mitte, gehen darauf zu und entfernen uns wieder. Das wirft Fragen nach der eigenen Mitte auf.»
Das Abendgebet wird weitergeführt
Die Arme symbolisieren die Verbindung zum Himmel, zu Gott. «Ob ich mich öffne oder verschliesse, um etwas bitte, ob ich gebe, nehme, schenke oder abwehre, das alles kann ich mit meinen Armen und Händen ausdrücken.»
Die Musik muss eine klare Struktur haben mit Motiven, die sich wiederholen. «Das findet man vor allem in der Barockmusik bei Bach, Telemann oder Händel. Aber auch Taizé-Lieder eignen sich gut, finnische Musik oder die Toggenburger Messe. Und wir haben viel nach Gebetsliedern getanzt.»
Zu kompliziert dürfen die Tänze allerdings nicht sein. «Die Erfahrung hat gezeigt, dass wir einfache, aber ausdrucksstarke Gebärden verwenden müssen, die unser älteres Publikum
gut übernehmen kann. Es steht ja auch keine lange Zeit zum Einüben zur Verfügung», erklärt Maja Meyer.
Nun freuen sich die beiden ehemaligen Leiterinnen darauf, als Gäste an den Abendgebeten im Münster teilzunehmen. Zukünftig wird Pfarrerin Verena Hubmann die Liturgie gestalten, während ihre Kolleginnen Doris Brodbeck und Marianne Siffert die Tänze choreografieren und anleiten. «Wir sind froh, dass das ‹Abendgebet mit Meditationstanz› im Münster weiterbestehen wird. Man kann an diesen Abenden sich selbst und Gemeinschaft erfahren, Kräfte tanken und schliesslich hoffnungsvoll in den Alltag zurückkehren.»
Miteinander im Kreis unterwegs sein