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Fair reisen

Nachhaltiger reisen heisst glücklicher reisen

von Tilmann Zuber
min
23.06.2023
Stau am Gotthard, Schlangen am Flughafenschalter, volle Züge. Nach der Pandemie ist das Reisefieber zurück. Auf Kosten von Umwelt und Löhnen. Die von der Kirche unterstützte NGO Fairunterwegs zeigt, wie es anders geht: mit fairem und umweltfreundlichem Reisen nach der Glücksformel.

Sommerzeit ist Ferienzeit: Millionen Menschen werden sich in den kommenden Wochen mit dem Auto, der Bahn oder dem Flugzeug auf den Weg in den Süden machen. Von der viel zitierten Flugscham ist kaum noch etwas zu spüren. Die Zahl der Flüge liegt praktisch wieder auf dem Niveau vor der Pandemiekrise. Der CO2-Fussabdruck spielt bei der Ferienplanung kaum mehr eine Rolle. Umfragen zeigten zwar, dass 65 bis 80 Prozent der Bevölkerung umwelt- und sozialverträglich reisen wollen, sagt Jon Andrea Florin, Geschäftsleiter von fairunterwegs. «Das Bewusstsein, dass es hier Probleme gibt, ist gross.» Doch es passiert wenig.

«Die Kluft zwischen Wissen und Handeln ist im Tourismus besonders gross», stellt Jon Andrea Florin fest. «Im Urlaub macht bei vielen auch das Gewissen Ferien.» Man will sich etwas gönnen und sich nicht mit anstrengenden Nachhaltigkeitsfragen beschäftigen. Wenn der Preis lockt, steigen viele auf den Billigflieger um. Und kümmern sich nicht darum, dass die Löhne der Hotelangestellten unverschämt tief sind.

Im Urlaub macht bei vielen auch das Gewissen Ferien.

Kirche als Pate

Jon Andrea Florin ist der Geschäftsleiter von fairunterwegs. Die Institution setzt sich seit den 1977er-Jahren für fairen und umweltverträglichen Tourismus ein. Bei der Gründung standen die Kirchen Pate, auch heute wird sie von den Kirchen und den kirchlichen Hilfswerken unterstützt.

«Auf der Seite der Reisebranche sieht es in Sachen Lohngerechtigkeit, Umweltschutz und Nachhaltigkeit etwas besser aus», sagt Jon Andrea Florin. Nachhaltigkeit ist zu einem Marketingfaktor geworden. Man wirbt gerne mit intakter Natur. Die Hotelgäste zu bitten, die Frotteewäsche nicht täglich zu wechseln oder das vegetarische Menü mit Holzbesteck zu servieren, reiche aber nicht, meint Jon Andrea Florin.

Die Hotelgäste zu bitten, die Frotteewäsche nicht täglich zu wechseln oder das vegetarische Menü mit Holzbesteck zu servieren, reicht nicht.

Fairunterwegs will den Menschen das Reisen nicht vergraulen. Aber wenn das Angebot zu billig ist, ist es selten nachhaltig, und die Löhne sind nicht fair. Jon Andrea Florin ist überzeugt, dass es sich lohnt, nachhaltige Ferien zu machen. Sie bleiben einem länger in Erinnerung, prägen das Leben und erweitern den Horizont. Der Grund ist simpel: Nachhaltiges Reisen bringt einen näher zu den Einheimischen, zur Kultur und zur Natur. Es ermögliche einzigartige Begegnungen.

Um zu zeigen, wie umwelt- und menschenfreundliches Reisen gelingen kann, propagiert fairunterwegs die Glücksformel: Die fünf Buchstaben G.L.Ü.C.K. stehen für gemächlich reisen, das Lokale bevorzugen, Überraschungen zulassen, CO2-Ausstoss reduzieren und fair bezahlen. Wer dies beherzigt, trägt zum persönlichen, gemeinschaftlichen und globalen Wohlbefinden bei, ist fairunterwegs überzeugt. Wer zu Fuss, mit dem Rad, der Fähre oder der Bahn unterwegs ist, erlebt mehr und hat Zeit und Gelegenheit, mit Menschen in Kontakt zu kommen. «Man schaut sich zwar weniger Sehenswürdigkeiten an, taucht dafür richtig in die fremde Welt ein», sagt Florin. Das gelte auch, wenn man das Lokale bevorzuge, in kleinen, familiären Unterkünften übernachte, regionale Küche und Weine geniesse und auf lokalen Märkten einkaufe. 

 

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Bis 800 Kilometer mit dem Zug

Touristen könnten viel gegen den CO2-Ausstoss, den Ressourcenverbrauch, gegen Wasserknappheit, Waldbrände oder Müllfluten tun. Bis zu einer Entfernung von 800 Kilometern sollte man auf Bahn, Bus oder das Auto umsteigen. Hotels mit Swimmingpool, laufender Klimaanlage und englischem Rasen, die in der Wüste liegen, sollte man meiden.

Bei 550 Franken für eine Pauschalreise nach Korfu im 4-Sterne-Hotel mit Frühstück und Flug sei eigentlich klar, dass jemand draufzahle, sagt Florin. Entweder das Personal oder die Umwelt. Deshalb sollte man vor der Reise auf das Label oder die Zertifizierungen des Reiseveranstalters achten. Und vor allem das Trinkgeld nicht vergessen, fügt Jon Andrea Florin hinzu. Wenn nichts anderes im Reiseführer steht, dann sind 10 Prozent wenigstens okay. Denn für viele Angestellten ist das Trinkgeld ein wichtiger Beitrag zum Lebensunterhalt.

 

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