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Sozialdiakonie im Wandel

Neue Wege für eine lebendige Kirche

von Carmen Schirm-Gasser
min
27.03.2025
Die Kirche steht vor Herausforderungen – sinkende Mitgliederzahlen und fehlender Nachwuchs machen eine Neuausrichtung nötig. Sozialdiakoninnen wie Adriana Di Cesare spielen dabei eine Schlüsselrolle.

Einmal im Jahr kommen seltene Gäste ins Gemeindezentrum der Kirchgemeinde Buchthalen. Dann stehen Hunde, Meerschweinchen, Hähne, Geissen und Ponys erstaunlich friedlich nebeneinander und warten auf ihre Segnung. Seit vier Jahren gibt es den Tiergottesdienst, lanciert von der Sozialdiakonin Adriana Di Cesare. Es ist eine ihrer zahlreichen Ideen für neue Angebote der Kirche, die Adriana Di Cesare in die Tat umgesetzt hat.

Ein vielfältiger Beruf

Seit zwölf Jahren ist sie Sozialdiakonin. «Mit grosser Begeisterung», wie sie sagt. Unter anderem deshalb, da ihr Beruf sehr vielfältig sei. Die Sozialdiakonie hat eine lange Tradition in der Kirchengeschichte und deckt wichtige Bereiche des kirchlichen Auftrags ab. Dennoch ist das Berufsbild nicht sehr bekannt. Zusätzlich sind die Regelungen der pfarramtlichen Tätigkeiten, die Diakoninnen übernehmen dürfen, je nach Kantonalkirche unterschiedlich. Im Kanton Thurgau etwa dürfen ordinierte Diakoninnen Gottesdienste, Abdankungen und Taufen durchführen. In Schaffhausen richten Diakoninnen auch Gottesdienste aus, die Kasualien sind üblicherweise Pfarrerinnen und Pfarrern vorbehalten.

 

Adriana Di Cesare

Adriana Di Cesare

 

Sieben Diakoninnen im Kanton

Das Pensum von 70 Prozent teilt Adriana Di Cesare zwischen der Kirchgemeinde Buchthalen und dem Stadtverband Schaffhausen auf. Sie begleitet Freiwillige, versucht, herauszufinden, wo deren Wünsche liegen und wie sich diese in eine Kirchgemeinde einbringen könnten. Zudem macht sie Spitalbesuche, besucht Menschen zu Hause und arbeitet neue Angebote für spezielle Bevölkerungsgruppen aus, wie etwa Menschen ohne Partner. Eine weitere Aufgabe von ihr ist die Nothilfe. Mit drei anderen Sozialdiakoninnen verwaltet sie den Nothilfefonds des Stadtverbands. Der Nothilfefonds unterstützt Menschen mit Überbrückungsbeihilfen, die aufgrund eines Arbeitsverlusts oder gesundheitlicher Probleme in eine Abwärtsspirale geraten sind. Aktuell arbeiten sieben Diakoninnen im Kanton Schaffhausen – hochgerechnet auf die 28 Kirchgemeinden, eine bescheidene Zahl.

Einige Vakanzen, die ausgeschrieben sind, können aktuell nicht nachbesetzt werden. Es fehlt der Nachwuchs, wie in so gut allen kirchlichen Berufsgruppen. Ein Zustand, der sich in Zukunft noch verschärfen wird. Der Kirchenrat der evangelisch-reformierten Kirche Schaffhausen hat kürzlich eine Strategie vorgestellt, wie er auf diese Herausforderungen regieren will. «Kirche für morgen» wird die Neuausrichtung genannt. Die Synode soll im Herbst darüber abstimmen.

Aufgaben, die bisher dem Pfarrdienst zugeordnet werden, sollen künftig auch von anderen Berufsgruppen übernommen werden. Ein Basispfarrdienst von mindestens 25 Prozent, so die Vorgabe der Kantonalkirche, soll von einer Pfarrperson abgedeckt werden. Dieser Basispfarrdienst soll sicherstellen, dass die anderen Berufsgruppen durch Beratung und Coaching auf umfassendes theologisches Know-how für ihre Arbeit zurückgreifen können. Die einzelnen Berufsgruppen, zu denen Prädikanten und Prädikantinnen, Diakoninnen und Diakone, Katechetinnen und Gemeindekoordinatorinnen gehören, arbeiten gleichwertig als multiprofessionelles Team zusammen. Welchen Umfang die jeweiligen Dienste haben sollen, darüber bestimmen die Kirchgemeinden. Für Adriana Di Cesare ist dieser Weg sinnvoll und nötig. Auch wenn noch einiges an Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit geleistet werden müsse. «Gerade auf dem Land ist die Vorstellung des Einzelkämpfer-Pfarramts noch weit verbreitet.» Die Angst bei der Bevölkerung sei gross, dass nach der Pensionierung des Pfarrers kein Ersatz gefunden werde. Hier müsse ein Paradigmenwechsel stattfinden. Denn die Aufgaben, die ein Pfarramt mit sich bringe, würden schon heute in vielen Gemeinden von anderen Berufsgruppen mitgetragen.

«Die Kirche muss hin zur Beteiligungskirche», ist Adriana Di Cesare überzeugt. Durch den Mitgliederschwund und veränderte Bedürfnisse der Gesellschaft würden die Angebote der Kirche nicht mehr so wahrgenommen wie früher. «Die Suche nach Spiritualität ist nach wie vor gross. Aber sie wird nicht mehr unbedingt in dem traditionellen Rahmen von früher gesucht.» Kirche für morgen sei eine Chance, auf die geänderten Bedürfnisse der Menschen einzugehen und eine engere Zusammenarbeit von verschiedenen kirchlichen Berufsgruppen zu fördern.

 

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