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Kirchenratssekretär Peter Breisinger

«Nur noch lesen, was ich lesen will»

von Toni Schürmann
min
22.02.2024
Ein Berufsleben neigt sich dem Ende: Peter Breisinger hat während vierzig Jahren für die Basler Kantonalkirche gearbeitet – davon fast dreissig Jahre als Kirchenratssekretär. Nun geht er in Pension.

Peter Breisinger: Sie haben vierzig Jahre im Zentrum der reformierten Kirche gearbeitet. Sind Sie da gläubiger geworden?

Glaube ist ein vielfältiger Begriff. Es gibt den Gottesglauben, den Glauben an die Menschheit, den Glauben an sich selbst, um nur wenige zu nennen. Glauben ist immer auch mit Hoffnung verbunden. Und in und trotz all den Jahren bin ich hoffnungsfroh geblieben.

Was hat Sie einst bewogen, in die Basler Kirchenverwaltung einzusteigen?

Angefangen habe ich im Februar 1986 als Sekretär für Besondere Aufgaben – eine Art Querschnittsfunktion, die extra für mich geschaffen wurde. Man hat damals erkannt, dass es für die weitere Entwicklung der Kirchenorganisation jemanden braucht, der für die Verbindung zwischen Kirchenrat und Kirchenverwaltung sorgt. Das hat mich gereizt. Bereits vorher habe ich immer wieder für die Kantonalkirche gearbeitet. Als «grosser Protokollant» habe ich eine Vielzahl von Texten verfasst, beispielsweise für die Münsterbaukommission oder die Kommission für Religionsunterricht. 1996 wurde ich dann Kirchenratssekretär und habe einen Teil dieser Aufgaben mitgenommen.

Welche Arbeiten haben Sie gerne gemacht und welche weniger?

Eine Vorliebe von mir waren sicher die grossen Projekte wie Wahlen und Abstimmungen. Das waren früher weitaus grössere Kisten als heute, weil wir damals weit über 60 000 Stimmberechtigte hatten. Heute sind es noch knapp 20 000.

Gerne erinnere ich mich auch an den Grossevent «Frieden in Gerechtigkeit» im Jahr 1989 und an die verschiedenen Münsterjubiläen. Das Verfassen von Ratschlägen und Protokollen gehörte ebenfalls zu meinen bevorzugten Arbeiten. Weniger toll waren die langfädigen Abendsit­zungen. Aber auch diese waren Teil meines Jobs.

Anderes Thema: Welche staatlichen und privaten Partner sind für die erfolgreiche Arbeit der Basler Kantonalkirche von Bedeutung?

Als Erstes ist sicher das Finanzdepartement des Kantons Basel-Stadt zu nennen, unsere vorgesetzte staatliche Behörde. Alles, was die Kirche beschliesst, muss von diesem Departement letztlich genehmigt werden. Zur Frage der Partnerschaft mit dem Kanton lassen sich exemplarisch zwei konkrete Bereiche nennen: Im baulichen Bereich die staatliche Kostenbeteiligung an der Renovation der Elisabethenkirche und des Münsters sowie die Zusammenarbeit zwischen den Kirchen und dem Staat im Bereich der Spitalseelsorge. Darüber hinaus sind wir auch immer wieder mit Basler Stiftungen in Projektpartnerschaften verbunden.

Welche Rolle spielt dabei das Networking?

Es gibt ein innerkirchliches Networking, also innerhalb des Kantonsgebiets, etwa mit anderen Religionsgemeinschaften wie zum Beispiel der katholischen Kirche. Und es gibt ein gesamtschweizerisches Netzwerk mit der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz. Hinzu kommen die persönlichen Netzwerke. 

Wie wichtig sind diese Netzwerke?

Selbstverständlich ist das alles sehr wichtig. Aber die persönlichen Netzwerke haben nicht mehr die Bedeutung von damals, denn oft sind heute die wichtigen Positionen in Wirtschaft und Industrie nicht mehr von Baslerinnen und Baslern besetzt. Die aktuellen Personen in den Schlüsselpositionen haben meist keinen Bezug zu Basel, geschweige denn zur Kirche. 

Was hat sich in Ihrer vier ­Jahrzehnte langen Berufstätigkeit verändert?

Sowohl die Menschen als auch die Maschinen. Zu Beginn meiner Tätigkeit gab es noch Schreibautomaten von Olivetti, Hellraumprojektoren mit Folien und Diktiergeräte. Heute haben wir Computer, die zu jeder Tages- und Nachtzeit das Postfach mit Mails füllen. Die Mails haben die früheren Postsitzungen abgelöst. War die Korrespondenz nach der Postsitzung erledigt, gab es vielleicht noch ein paar Telefonate zu tätigen. Das war’s – danach konnte man sich den Projektarbeiten widmen. 

Und wie haben sich die Menschen verändert?

Vor allem die Zusammenarbeit der Menschen hat sich gewandelt. Früher gab es weder gleitende Arbeitszeit noch Teilzeitmitarbeitende. Heute haben wir mehr Mitarbeitende für weniger Stellenprozente. Das bedeutet viel mehr Aufwand bei der Koor­dination. Und auch die allgemeine Erwartungshaltung ist gestiegen: Man muss heute Mails rasch und ­dennoch sehr kompetent und gut begründet beantworten. Zudem sind die Anforderungen an die ehrenamtlich Mitarbeitenden der Kirche gestiegen. Beispielsweise führen die heutigen gesetzlichen Vorgaben zur Führung einer Buchhaltung dazu, dass viele Kirchgemeinden diese Aufgabe extern an professionelle Treu-hand­firmen vergeben – ein Dilemma bei schrumpfenden Einnahmen. 

Ihre Nachfolgerin Noémi Baltermia wird den Generationenwechsel ­einläuten. Welchen Tipp geben Sie ihr mit auf den Weg?

Sie soll sich immer frei fühlen, wie sie ihre Entscheide fällt.

Worauf freuen Sie sich nach der Pensionierung am meisten?

Dass ich nur noch lesen darf, was ich lesen will.

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