Mit vier Pfarrkreisen ist Olten die grösste Kirchgemeinde im Einzugsgebiet der Reformierten Kirche Kanton Solothurn. Trotzdem steht es um die Finanzen und die Mitglieder schlecht. Seit Jahren macht der Mitgliederschwund der Kirchgemeinde zu schaffen. In den vergangenen 20 Jahren hat die Kirchgemeinde rund einen Drittel ihrer Mitglieder eingebüsst, sodass sie heute noch 7900 Mitglieder zählt. Von der Migration kann die Kirchgemeinde nicht profitieren, da die wenigsten Ausländer reformiert sind. Hinzu kommt, dass die Kirchgemeinde über einige Gotteshäuser verfügt, bei denen bauliche und energetische Sanierungen anstehen.
Trotz weniger Gelder attraktiv
Statt den Kopf in den Sand zu stecken, ging die Kirchgemeinde in die Offensive. Der Kirchgemeinderat setzte im letzten Jahr die Projektgruppe «Zukunftskirche Olten» ein. In einer breit angelegten Umfrage wurden die Mitglieder nach ihren Vorstellungen zur künftigen Kirche befragt. Im Mai fand ein Workshop statt, an dem 90 Personen sich der Frage stellten, wie die Kirche 2035 aussieht. «Im Zentrum stand die Frage: Wie können wir trotz fehlendem Geld einladender und attraktiver werden?», erklärte Kirchgemeinderätin Sabine Roth Düringer. Entsprechend lautet das Motto der Zukunftskirche: «finanziell gesund – innovativ – einladen».
Anfang September stellte die Arbeitsgruppe an einer ausserordentlichen Kirchgemeindeversammlung in Dulliken den 121 Besucherinnen und Besuchern ihre Anträge vor. Mit grossem Mehr wurden die Leitsätze angenommen, an denen sich die Kirchgemeinde Olten künftig orientiert. Dabei legen die Reformierten Wert auf Offenheit: «Wir sagen Ja zur Vielfalt, sind für alle Mitglieder da und ermöglichen unterschiedliche Zugänge zum Glauben und zur Kirche.»
Auch bei den Immobilien schlägt die Arbeitsgruppe neue Wege vor. Für sie steht fest: Die Kirchgemeinde Olten kann nicht zwei Kirchen tragen. Für die Nutzung der Pauluskirche als Kirchgemeindezentrum besteht ein Investitionsbedarf von 1,7 Millionen Franken, die für die Sanierung der Fassade und der Heizung anfallen. Für die Friedenskirche dürften die Investitionen auch in die Millionen gehen. Gerade bei der Die Friedenskirche stellen sich verschiedene Fragen. Der Denkmalschutz stuft den 1929 errichteten Bau, abgesehen von der Orgel, als nicht schutzwürdig ein. Trotzdem prägt die markante Kirche «als Wahrzeichen», wie es an der Versammlung hiess, die rechte Seite der Aarestadt.
Eine statt zwei Kirchen in Olten
Die Arbeitsgruppe verfolgt die Idee, aus der Friedenskirche mit Partnern ein Begegnungszentrum zu machen oder sie zu verpachten. Falls dies nicht gelingt, droht dem Gebäude der Verkauf und der Abriss. Doch vom Abriss will die Kirchgemeinde zurzeit nichts wissen und hofft, dass das Gebäude durch die Umnutzung einst selbsttragend sein könnte. Um die Energiekosten zu sparen, sprach sich die Versammlung für eine befristete Schliessung der Friedenskirche vom 1. November bis zum 30. April 2023 aus. Damit verlagert sich der Schwerpunkt des reformierten Lebens in Olten in die Pauluskirche.
Weiter setzt die Arbeitsgruppe den Sparhebel auch bei den Stellen an. Der Stellenplan für 2023 bis 2026 weist 200 Prozent weniger Stellenprozente auf. Bei Abgängen werden die Stellen überprüft und teils nicht mehr ersetzt. «Es werden keine Leute aus wirtschaftlichen Gründen entlassen», versicherte Peter Berger aus Hägendorf. Man will Synergien zwischen den Pfarrkreisen nutzen. Die Mitarbeitenden werden verstärkt gemäss ihren Talenten für gewisse Schwerpunkte eingesetzt. 2023 gibt es erstmals einen gemeinsamen Gottesdienstplan für die gesamte Kirchgemeinde, und man setzt vermehrt auf Fundraising.
Tilmann Zuber
Olten wagt den Schritt in die Zukunft