Palliative Care: Letzte Fragen an das Leben
«Ich fürchte mich nicht vor dem Tod, aber wenn es passiert, bin ich lieber nicht da», soll Woody Allen gesagt haben. So wie der amerikanische Filmregisseur denken viele: Sterben und Tod – damit beschäftigen sie sich lieber nicht.
Die Baselbieter Kirchen wollen das ändern und setzen dabei auf «Palliative Care». Nach der Tagung zum Thema im März folgt jetzt eine öffentliche Wanderausstellung. Das Begleitprogramm bestreiten Stars wie der Rapper Knackeboul und Liedermacher Linard Bardill.
Das eigene Lebensende konfrontiert die Menschen heute mit ethischen und spirituellen Herausforderungen, die sich früher nicht stellten. Wie weit soll und kann man über den eigenen Tod bestimmen? Ist die medizinische Verlängerung des Lebens auf jeden Fall geboten oder soll man unter bestimmten Umständen darauf verzichten? Welches ist der richtige Weg? Sterbehilfeorganisationen wie Exit oder Kliniken wie das Hospiz im Park in Arlesheim, die auf palliative Pflege spezialisiert sind? Die Wanderausstellung und das Begleitprogramm sollen Entscheidungshilfen zu den drängendsten Fragen geben.
Neben einem Konzert lädt Linard Bardill, der auch Theologe ist, zum Seminar «Sterben für Anfänger-Innen». Dabei geht es um «Sterben lernen als Weg zum Lebendig-Sein». Die Seminar-teilnehmer tauschen ihre «eigenen und fremde Vorstellungen vom Sterben und der Zeit danach» aus. Dazu gehören auch Meditation und natürlich Singen. Voraussetzung für die Teilnahme: ein offener Geist und die Bereitschaft, sich ins Gespräch zu bringen.
Mit der Kamera den kranken Freund begleitet
Der Film «Chrigu» erzählt die Geschichte von Christian Ziörjen. Als er 21 Jahre alt war, entdeckten die Ärzte bei ihm einen bösartigen Tumor. Zusammen mit Jan Gassmann drehte Ziörjen eine Dokumentation, die ihn, seine engsten Freunde und seine Familie bis zu seinem Tod im Jahr 2005 begleitet. Sein Freund Knackeboul diskutiert im Anschluss an die Vorführung mit dem Publikum und bietet auch einen Beatbox-Workshop an.
Die leitende Ärztin Heike Gudat stellt das Hospiz im Park vor. Zusammen mit dem Bioethiker Christoph Rehmann-Sutter und dem Theologen Peter Zürn thematisiert sie ausserdem die Angst vieler, von anderen abhängig und ihnen eine Last zu sein, wenn man auf ständige Pflege angewiesen ist. An weiteren Veranstaltungen kommen Sinn und Zweck der Patientenverfügung zur Sprache, aber auch der Tod im Spital, der für die Mehrheit die Realität ist, und das Sterben zu Hause, das sich die meisten wünschen.
Berührende Botschaften
Die Exponate der Wanderausstellung hingegen sind eher unspektakulär: ein leeres Bett mit bestickter Bettwäsche, ein Stuhl, ein Nachttisch mit Lampe, Stoffbahnen und Kopfhörer. Doch die Botschaften berühren. Auf der Bettdecke sind Gedanken von Sterbenden zu lesen und an den Hörstationen ertönen Stimmen von Patienten und Pflegefachfrauen einer Palliativstation.
Die Schau wurde vom Verein Palliative Ostschweiz entwickelt mit dem Ziel, die Besucherinnen und Besucher über Angebote im Bereich Palliative Care zu informieren und sie zum Nachdenken über den eigenen Umgang mit Sterben und Tod anzuregen.
Karin Müller / 28. April 2016
Palliative Care: Letzte Fragen an das Leben