Papst: Kirche muss sich Hände schmutzig machen
Die im Vatikan zu Ende gegangene Weltsynode hat die Reformkräfte innerhalb der katholischen Kirche teils bestärkt und teils ernüchtert. Dass sich Papst Franziskus unmittelbar hinter die Synodenbeschlüsse stellte, wird als Ermutigung für Synodalität auf allen kirchlichen Ebenen und ein Zeichen des Aufweichens autoritärer Strukturen verstanden. Dass Frauen zunächst aber weiterhin keine geweihten Ämter übernehmen sollen, stiess vor allem in Deutschland auf Unverständnis und Kritik.
Papst Franziskus rief in seiner Predigt in der Abschlussmesse im Petersdom die katholische Kirche dazu auf, sich weiter auf den Weg zu machen. «Wir brauchen keine Kirche, die sitzenbleibt und aufgibt, sondern eine Kirche, die das laute Rufen der Welt aufnimmt und sich die Hände schmutzig macht, um ihr zu dienen», sagte er.
Am Vorabend hatte der Papst überraschend bekannt gegeben, im Anschluss an die Synode kein eigenes apostolisches Schreiben zu veröffentlichen. Stattdessen stellte er das Schlussdokument, über das die Teilnehmer der Weltsynode kurz zuvor abgestimmt hatten, sofort dem gesamten «Heiligen Volk Gottes» zur Verfügung. In der Regel werden die Empfehlungen einer Synode an den Papst weitergegeben, der dann darauf basierend ein nachsynodales Schreiben an die gesamte katholische Kirche verfasst.
Das Abschlussdokument fasse die Früchte von mindestens drei Jahren Arbeit zusammen und enthalte bereits «sehr konkrete Hinweise, dieeine Orientierungshilfe für die Mission der Kirchen auf den verschiedenen Kontinenten und in den unterschiedlichen Kontexten sein können», begründete Franziskus seinen Entschluss. Im Lichte der Synode würden nun Entscheidungen anstehen.
In diesem Zusammenhang verwies er auf die zehn Studiengruppen, die er im Frühjahr dieses Jahres eingerichtet hatte. Zentrale Bereiche waren damit aus dem Arbeitspapier der Synode ausgegliedert und zur Bearbeitung an diese Gruppen gegeben worden, darunter auch die Stellung von Frauen in der Kirche. Die Gruppen sollen bis Juni 2025 Ergebnisse ihrer Beratungen vorlegen.
Das Frauenthema, vor allem die Möglichkeit eines Diakonats für Frauen, wurde dennoch in den vergangenen vier Wochen während der von der Öffentlichkeit abgeschirmten Synodensitzungen intensiv diskutiert. In ihrem Abschlussbericht ruft die Synode dazu auf, «alle Möglichkeiten, die das geltende Recht in Bezug auf die Rolle der Frau bereits vorsieht, voll auszuschöpfen, insbesondere dort, wo sie noch unerforscht sind». Es gebe keinen Grund, warum Frauen keine Führungsaufgaben in der Kirche übernehmen sollten. Auch die Frage des Zugangs von Frauen zum diakonischen Dienst bleibe offen. «Diesbezüglich sind weitere Überlegungen erforderlich.»
«Ich bin damit nicht zufrieden», sagte Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, am Sonntagmorgen in Rom. Der entscheidende Satz aber sei enthalten: «Die Frage der Zulassung von Frauen zum Diakonenamt ist weiter offen.» Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, sprach von einer Enttäuschung. «Es ist offenbar kein ausreichender Wille da, die offene Diskriminierung zu beenden», erklärte Stetter-Karp am Sonntag in Berlin. Nach wie vor schätze die Kirche die Frauen unter anderem für ihre Mütterlichkeit und Warmherzigkeit, «nicht aber für Fähigkeiten des Führens, des Entscheidens, der Bekleidung kirchlicher Weiheämter».
52 Seiten zur Zukunft der katholischen Kirche – Die wichtigsten Inhalte
Nach drei Jahren Beratung liegt das Abschlusspapier der Weltsynode der katholischen Kirche vor. Was in den 155 Abschnitten steht, möchte Papst Franziskus in den Ortskirchen unmittelbar umgesetzt wissen. Das Dokument hat 52 Seiten und ist in 155 Paragrafen unterteilt. Abschnitt 60, über die Stellung der Frau innerhalb der Kirche, war derjenige, der in der Beratungsphase über das Papier die meisten Änderungen erfahren hat. Er ist es auch, der mit 97 die meisten Nein-Stimmen der insgesamt 368 stimmberechtigten Synodenteilnehmer bekam. Jeder Abschnitt musste in einer Abstimmung mit absoluter Mehrheit angenommen werden. Die wichtigsten Inhalte:
FRAUEN
Abschnitt 60 beinhaltet vorrangig als Thema die Rolle der Frau. Dieses war eigentlich von Papst Franziskus aus den Beratungen der diesjährigen Bischofssynode ausgegliedert und zur Bearbeitung in eine Arbeitsgruppe gegeben worden. Die Synode ruft in ihrem Abschlussbericht unter anderem dazu auf, «alle Möglichkeiten, die das geltende Recht in Bezug auf die Rolle der Frau bereits vorsieht, voll auszuschöpfen, insbesondere dort, wo sie noch unerforscht sind». Es gebe keinen Grund, warum Frauen keine Führungsaufgaben in der Kirche übernehmen sollten. Auch die Frage des Zugangs von Frauen zum diakonischen Dienst bleibe offen, betonen die Synodalen. «Diesbezüglich sind weitere Überlegungen erforderlich.» In der Abschlusspressekonferenz sagte Kardinal Jean-Claude Hollerich, der Inhalte-Koordinator der Weltsynode, dazu: «Es ist keine Entscheidung für ein Diakonat, aber auch keine dagegen.»
MITSPRACHE
Unter anderem in Abschnitt 70 wird die Forderung der Synodalen nach mehr Mitsprache und einer stärkeren Denzentralisierung deutlich. Darin geht es um das Bischofsamt. «Der Dienst des Bischofs ist ein Dienst in, mit und für die Gemeinschaft», erläutern die Synodenteilnehmer. Daher erhoffe sich die Versammlung, «dass das Volk Gottes bei der Wahl der Bischöfe ein grösseres Mitspracherecht hat». Ausserdem wird empfohlen, die Bischofsweihe in der Diözese stattfinden zu lassen, für die der neue Bischof als Hirte bestimmt ist. Damit soll die Bindung mit der Kirche, für die er zuständig ist, stärker zum Ausdruck kommen. Oft findet die Weihe in der Herkunftsdiözese eines neuen Bischofs statt.
GESCHLECHTER
In Abschnitt 52 wird auf das Verhältnis von Männern und Frauen Bezug genommen. Darin heisst es, der «ursprüngliche Unterschied» bedeute nach Gottes Plan nicht die Ungleichheit zwischen Mann und Frau. «Wir legen Zeugnis vom Evangelium ab, wenn wir versuchen, Beziehungen zu leben, die die gleiche Würde und Gegenseitigkeit zwischen Männern und Frauen respektieren», schreiben die Synodalen. Die wiederholten Äusserungen von Schmerz und Leid von Frauen, die während des Synodenprozesses gehört wurden, zeigten, wie oft das nicht geschehe.
Auch heisst es in dem Paragrafen 52, «die sexuelle Differenz ist die Grundlage der menschlichen Beziehung». Ohne dass diese explizit genannt wird, kann hier ein Hinweis auf die moderne Gender-Wissenschaft herausgelesen werden. Im April dieses Jahres hatte die Erklärung «Dignitas infinita – über die menschliche Würde», die die vatikanische Glaubensbehörde mit Billigung des Papstes veröffentlicht hatte, zu heftiger Kritik geführt. In der Erklärung wird die «Gender-Theorie» vom Vatikan zum Schutz der Menschenwürde abgelehnt, ausserdem bestehe bei geschlechtsverändernden Eingriffen die Gefahr, die Würde zu bedrohen, «die ein Mensch vom Moment der Empfängnis besitzt». Auf den Umgang mit Homosexualität oder Transsexualität wird im Synodendokument nicht eingegangen.
MISSBRAUCH
In Abschnitt 55 widmet sich das Papier dem Thema Missbrauch. «Die Missbrauchskrise hat in ihren vielfältigen und tragischen Erscheinungsformen unsägliches und oft lang anhaltendes Leid über die Opfer und Überlebenden sowie über ihre Gemeinschaften gebracht», heisst es darin. Die Kirche müsse mit besonderer Sorgfalt und Sensibilität auf die Stimmen der Opfer und Überlebenden von sexuellem, geistlichem, wirtschaftlichem, institutionellem, Macht- und Gewissensmissbrauch durch Mitglieder des Klerus oder Personen mit kirchlichen Ämtern hören. Dabei betonen die Synodalen, dass es ein «authentisches Zuhören» brauche. Das sei «ein grundlegendes Element auf dem Weg zu Heilung, Reue, Gerechtigkeit und Versöhnung.»
Papst: Kirche muss sich Hände schmutzig machen