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Neues Modell

Pastorale Grundversorgung neu denken

von Carmen Schirm-Gasser
min
28.11.2024
Kirchenratspräsident Wolfram Kötter informierte erstmals ausführlich über das neue Konzept der pastoralen Grundversorgung. Damit betritt die Evangelisch-Reformierte Kirche des Kantons Schaffhausen einen neuen Weg für kirchliche Dienste – sofern die Synode im Juni zustimmt.

Im Kanton Zürich ist die Zahl der Angehörigen der reformierten Kirche in der Gesamtbevölkerung auf 23 Prozent gesunken. Im Kanton Schaffhausen sind es immerhin noch knapp 30 Prozent. Dieser Entwicklung müsse man Sorge tragen, sagte Kirchenratspräsident Wolfram Kötter im November anlässlich einer Veranstaltung. Auch Pfarrnachwuchs bereitet dem Kirchenratspräsidenten Sorgen. In der Deutschschweiz gehen bis 2030 617 Pfarrpersonen in Rente. Gleichzeitig ist die Zahl der Studienanfänger deutlich rückläufig. Jährlich werden rund 30 Vikarinnen und Vikare ordiniert. Man rechnet mit 411 unbesetzten Pfarrstellen bis 2030.

Der Anteil der Mitglieder, die zu einer der grossen drei christlichen Kirchen gehören, ist in diesem Jahr erstmals unter 50 Prozent gesunken. «Es gibt tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen», so Wolfram Kötter. «Wir werden uns als Kirche verändern. Wir können gar nicht anders. Noch können wir gestalten, noch geht es.»

Pfarrmangel ist Ausgangslage

Bis das neue Konzept in seinem Grundgerüst stand, war es ein steiniger Weg. Einer, der noch nicht abgeschlossen ist. Es benötigte Hunderte von Arbeitsstunden zahlreicher Beteiligter. Zum ersten Mal wurde die Idee der pastoralen Grundversorgung an der Herbstsynode 2023 vorgestellt. Daraufhin wurden fünf Arbeitsgruppen gebildet, mit 53 Teilnehmenden aus zahlreichen Kirchgemeinden. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen wurden in seitenlangen Protokollen an den Kirchenrat weitergegeben. Eine Steuerungsgruppe der Kirchenräte Andreas Heieck, Cornelia Busenhart, Wolfram Kötter und Kirchenratsschreiberin Gabriele Schäfer sortierte die Informationen und entwickelte Strategien.

Der zentrale Inhalt: In der Vergangenheit war es oft so, dass dem Pfarramt diverse Tätigkeiten wie Sozialdiakonie, Katechetik, Gottesdienste, Gemeinschaftsdienste bis hin zum Sekretariat zugeordnet wurden. Oder anders gesagt: Der Pfarrer oder die Pfarrerin war für alles zuständig. Aufgrund des zunehmenden Pfarrmangels sollen neu auch andere Berufsgruppen diese Aufgaben übernehmen können.

Die pastorale Grundversorgung in jeder Kirchgemeinde sieht fünf Dienste vor: Pfarrdienst, Prädikantinnendienst, Sozialdiakonie, Katechetik sowie den neu zu schaffenden Aufgabenbereich der Gemeindeleitung und -koordination. Zudem soll ein Basispfarramt geschaffen werden, mit dem sichergestellt wird, dass die Teams bei ihrer Arbeit auf ausreichend theologisches Know-how zurückgreifen können. Die Beteiligten aller fünf Berufsgruppen sollen ihre Stärken als gleichwertige Partner in multiprofessionellen Teams einbringen.

Künftige Aufgabenteilung

Jede der fünf Berufsgruppen bringt eine eigene berufliche Ausbildung mit entsprechender Weiterbildung mit. Für Pfarrerinnen sowie Sozialdiakoninnen gibt es bereits interkantonal einheitliche Aus- und Weiterbildungsstandards. Für Prädikantinnen und Katechetinnen hingegen sollen diese geschaffen beziehungsweise ergänzt werden. Auch für die Gemeindeleitung gilt es, Aus- und Weiterbildungslehrgänge zu entwickeln.

Die vergangenen Monate haben gezeigt: Das neue Konzept erhält viel Beachtung. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass vom Problem des Pfarrmangels alle Institutionen sowie auch Kantonalkirchen gleichermassen betroffen sind. «Es war spannend, zu sehen, dass Institutionen zu uns kamen und fragten, ob sie uns unterstützen dürften», sagt Wolfram Kötter. So gibt es mittlerweile Kontakte zum Reuss-Institut in Luzern, das Gemeindebildnerinnen und junge Menschen für kirchliche Basisarbeit ausbildet.

Ausbildungsmodul mit Universität Fribourg

In Zusammenarbeit mit der Universität Fribourg wird ein dreistufiges Ausbildungsmodul für die Bereiche Seelsorge, Verkündigung und Familienarbeit entwickelt, das Menschen berufsbegleitend ausbildet. Am Bildungsforum der evangelischen Kirchen in der Schweiz letzten August in Bern war es das einzige Projekt, das aus der Schweiz vorgestellt wurde, ebenso an einer Bildungskonferenz in St. Gallen. Vertreter des Zentrums für Kirchenentwicklung der Universität Zürich haben das Konzept begutachtet und wertvolle Anregungen gegeben.

Synode im Juni entscheidet

Derzeit sortiert der Kirchenrat die Ergebnisse, welche Ausbildungsmodule benötigt werden, die dann sinnvoll eingesetzt werden können. In Kürze soll ein Heft entstehen, in dem die verschiedenen Berufsbilder vorgestellt werden. In verschiedenen Resonanzforen werden entsprechende Antworten erwartet. «Die Definition der Anforderungsprofile für die Berufsbilder in Zusammenarbeit mit den Ausbildungsstätten ist sehr wichtig. Wir können uns nicht unprofessionelles Arbeiten leisten», so Wolfram Kötter. «Die Menschen, die für die Kirche arbeiten, müssen professionell ausgebildet und zertifiziert sein.» An der Synode nächsten Juni soll der Grundsatzentscheid gefällt werden, ob mit diesem Ansatz weitergearbeitet wird.

 

 

 

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