«Plus-Energie-Kirchen» sind die Zukunft
Wer vor der Kirche steht, dem fällt die Photovoltaikanlage auf dem Dach der Kirche kaum auf. Also gut gelöst. «Ehrlich gesagt hatte ich am Anfang schon gestalterische Bedenken, als uns die Geldgeber verpflichteten, auf der Kirche eine Photovoltaikanlage zu installieren», sagt Andreas Hindemann, Münsterbaumeister und Architekt des Bettinger Kirchenneubaus. «Aber zum Glück entwickeln sich PV-Anlagen nicht nur in technischer, sondern auch in ästhetischer Hinsicht in einem rasanten Tempo.»
Das Dach hat es in sich: Es produziert jährlich mehr CO2-freien Strom, als die Kirche selbst verbraucht. Die Schweizer Solaragentur bezeichnet die Kirche deshalb als «kulturellen Plus-Energie-Bau». Die 20,6 kW starke Photovoltaikanlage produziert jährlich 21'400 kWh. Damit kann die Dorfkirche ihren Energiebedarf zu 107 Prozent decken.
Integrierte Solaranlage
Die Installation einer Photovoltaikanlage war im Bauprogramm vorgegeben. Damit konnte dieses Thema bereits im Entwurfsprozess mitgedacht werden. Andreas Hindemann als verantwortlicher Architekt und die Baukommission legten grossen Wert auf eine optimale Integration der Solaranlage. So präsentiert sich das dreiteilige Dach in einer Kombination von PV-Modulen und farbgleichen Faserzementplatten. «Eigentlich sollte heute jeder Kirchenneubau eine Plus-Energie-Kirche sein», ist Andreas Hindemann mittlerweile überzeugt. «Auch ästhetisch ist das heute gut machbar. Die historischen Kirchenbauten sind da jedoch auszunehmen, denn selbst in der Innerstadt bieten sich noch viele vorhandene Flachdächer an, die mit Solar- oder Photovoltaikanlagen ausgerüstet werden können.»
Auf der Bettinger Kirche wollte Hindemann einfach keine standardisierten schwarz glänzenden Module verwenden. Die nun umgesetzte Lösung lässt sich sehen. Die Photovoltaikelemente haben ein Sonderformat, sind satiniert und geschuppt angeordnet. Dieses Muster wird in den schiefwinkligen Randanschlüssen von den farbgleichen Faserzementplatten übernommen. Man muss schon sehr genau hinschauen und bautechnisch viel von Photovoltaik verstehen, um auf dem Dach der Bettinger Kirche eine Photovoltaikanlage zu erkennen.
Gemeinschaftsräume
Die 2021 erbaute Dorfkirche aus Kalksteinbeton bietet nicht nur Platz für einen Kirchenraum, sondern auch für Gemeinschafts- und Jugendräume, die vom ganzen Dorf benutzt werden. Die Kirche ist – auch objektiv gesehen – ein Schmuckstück. Sie fügt sich bestens ins Ortsbild der Gemeinde Bettingen ein. Markant an ihr ist der mit Schmelzglas gestaltete Kirchturm. Der darauf aufgesetzte vergoldete «Güggel» von Celestino Piatti aus dem Jahr 1952 und die im Turm der Kirche hängenden Glocken aus den 1930er-Jahren stammen von der Kleinbasler Markuskirche – Nachhaltigkeit also auch hier.
Titus-Kirche als Pionierin
Bereits seit 1990 bewirtschaftet der Verein Solardach Titus-Kirche die Solaranlage auf dem Dach der Basler Titus-Kirche. Ausbaustufen der Solaranlage erfolgten in den Jahren 2003 und 2008. Aus dem Erlös der Solarstromproduktion unterstützt der Verein Projekte in Ländern mit ungenügender Energieinfrastruktur.
«Plus-Energie-Kirchen» sind die Zukunft