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Zwanzig Minuten «gegen die Ohnmacht»

Seit zehn Jahren Friedensgebet in Olten

von Tilmann Zuber
min
24.10.2024
Seit zehn Jahren versammeln sich Menschen in Olten wöchentlich für «20 Minuten für den Frieden». Die Kriege in der Ukraine, Gaza und Libanon verleihen diesem Friedensgebet eine neue Brisanz.

Kriege in der Ukraine, Gaza und im Libanon. Der russische Angriff auf die Ukraine stellte den Westen und die weltweite Friedensbewegung vor neue Herausforderungen. Statt Diplomatie und Abrüstung dominieren Sanktionen und Waffenlieferungen die Politik. In Olten jedoch setzt eine Gruppe Unentwegter auf das Gebet.

Jeden Donnerstag um 10 Uhr treffen sich Frauen und Männer in der Klosterkirche Olten. Früher beteten sie in der Stadtkirche während des Wochenmarktes. Der Umbau der Stadtkirche führte sie in die Klosterkirche, wo die Atmosphäre intimer wirkt. In der weiten Stadtkirche fühlten sie sich verloren.

Lange Predigten bringen oft wenig, da ist es besser, gemeinsam zu schweigen.

An diesem Donnerstag sitzen ältere Frauen und Männer in den Bänken der Kapuzinerkirche. Eveline Schärli-Fluri berichtet, dass normalerweise bis zu 20 Personen kommen. Der Krieg in der Ukraine und anderswo hätte die Teilnehmerzahl nicht erhöht.

Die Tradition des Friedensgebetes geht schon zurück auf die Zeiten des Alten Testamentes. Die Bitte um Frieden gehört nicht nur in Kriegszeiten zum christlichen Leben. Schalom, das hebräische Wort für Frieden, prägt das Alte Testament. Es dient als Gruss und Wunsch, während Gott als Quelle des Friedens angerufen wird. Jesus begrüsst die Jünger als Auferstandener mit den Worten: «Der Friede sei mit euch!» In der Liturgie betet man nach dem Vaterunser um Frieden und tauscht den Friedensgruss aus.

In den 80er-Jahren erlangte das Friedensgebet in Leipzig besondere Bedeutung. Die Gebete in der Nikolaikirche waren ein wichtiger Ausgangspunkt für die friedliche Revolution, die zum Ende der DDR und zum Mauerfall führte.

Wöchentlicher spiritueller Ort

Sorgfältig zünden die Besucher Teelichter an und stellen sie auf die Marmortreppe. Der Lichtkreis schliesst sich, während sie Friedenslieder singen und beten. Die Liturgie ist einfach, die Rituale sind schlicht, und nach 20 Minuten endet das Gebet. Viele
schätzen diese Pause am Morgen. Eine Teilnehmerin erzählt, sie tanke hier auf und geniesse die Ruhe. Für andere ist das Friedensgebet ein wöchentlicher spiritueller Ort: «Lange Predigten bringen oft wenig, da ist es besser, gemeinsam zu schweigen.» Besonders schätzen die Teilnehmer den Kontakt untereinander, aus dem Freundschaften entstehen, berichtet Eveline Schärli. Nach dem Gebet trifft sich die Gruppe im Café. «Wenn jemand länger fehlt, erkundigt man sich nach ihm.» Auch während der Pandemie fand das Gebet statt, und man bot Hilfe an.

Gegen die Ohnmacht

Mit dem Friedensgebet wollten sie für das Gute einstehen, erklärten die Verantwortlichen anlässlich der ersten Friedensgebete vor zehn Jahren. Sie wollten nicht in Hilflosigkeit verharren, sondern ein Zeichen der Hoffnung setzen. Daran hat sich nichts geändert. Eveline Schärli räumt ein, dass die vielen Kriege verzweifeln lassen. «Wir vergessen oft, dass auch an vielen anderen Orten der Welt gekämpft wird. » Trotzdem wollen sie nicht aufhören zu beten.

Oft fragen Leute, was das nütze. Diese Frage zermürbt sie. Eveline Schärli hofft, dass ihre Gebete einen Sinn haben. Vielleicht halte dies Putin vom letzten Schritt ab, sagt sie. «Wir müssen daran glauben, sonst verzweifeln wir.» Sie ist überzeugt, dass Aufrüstung keine Lösung ist. Frieden erreicht man nicht mit Waffen. Die Situation macht Eveline Schärli wütend, und sie würde den Diktatoren am liebsten «den Kopf umdrehen». Dann ist sie froh, dass es das Friedensgebet gibt, das Raum für ihre Ohnmacht und ihren Ärger bietet.

 

20 Minuten für den Frieden

7. November, 10 Uhr, jeden Donnerstag während des Marktes, Klosterkirche Olten, ökumenische Arbeitsgruppe von Olten. Ein Angebot für alle, die sich nach Frieden und Verständnis sehnen

Feier anlässlich 10 Jahre Friedensgebet in Olten: 28. November, 10 bis 10.30 Uhr, Klosterkirche Olten, anschliessend an das Gebet stösst man auf das Jubiläum an.

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