Semira Roth und Barbara Rickenbacher
«Kirche soll Heimat für alle sein»
Semira Roth ist seit Anfang September Pfarrerin in Baar-Neuheim. Es ist die erste Pfarrstelle der 29-Jährigen.
«Von der Offenheit und Herzlichkeit, die mir seit meinem ersten Tag als Pfarrerin in Baar-Neuheim entgegengebracht wird, bin ich manchmal fast ein bisschen überwältigt. Gemeinsam unterwegs zu sein, sich gemeinsam zu engagieren, gemeinsam den Glauben zu leben, das sagt mir zu. Deshalb habe ich mich für meine erste Pfarrstelle für Baar entschieden.
Ich bin in einem religiösen Umfeld in Deutschland aufgewachsen. Zwei Pfarrpersonen, die ich in meiner Jugend hatte, haben mich inspiriert. Wie liebevoll und empathisch sie mit den Menschen umgegangen sind, hat mich beeindruckt. Da habe ich gemerkt, dass ich das gerne auch für andere machen möchte, und dann das Theologiestudium in Basel absolviert.
Wenn ich die Kirche der Zukunft gestalten könnte, würde jeder Mensch angenommen und respektiert, egal wer er ist, woher er kommt oder welche Probleme er hat. Die Kirche soll einen Ort der Heimat bieten, Heimat für alle sein. Das wäre mein Wunsch. Auf einer Studienreise in Schottland hat mich beeindruckt, wie Kirchenmitarbeitende Jugendliche, die auf der Strasse oder in Parks rumhingen, angesprochen haben. Sie verteilten heisse Schokolade und kamen so mit ihnen ins Gespräch. Ich möchte in Baar herausfinden, was sich die Menschen wünschen, was sie brauchen, wie wir auf sie zukommen können. Ich möchte herausfinden, was unsere heisse Schokolade ist.
Die Bibel ist kein veraltetes Buch, es passt sehr gut in die heutige Zeit. Nur müssen wir sie und ihre wichtigen Botschaften auch ins Heute transportieren, das begeistert mich. Und ich finde es schön, Hoffnung, die so tief verwurzelt ist, weitergeben zu dürfen. Besonders auch in der Seelsorge.»
«Als Kirche sollten wir auch neue Wege gehen»
Barbara Rickenbacher hat vor kurzem die Pfarrstelle in Zug angetreten. Die 46-Jährige hat in Zug das gefunden, was ihr bis anhin gefehlt hat.
«Ich bin in einer Pfarrfamilie aufgewachsen, doch in die Fussstapfen meines Vaters wollte ich eigentlich nicht treten. Mein Germanistikstudium brach ich ab, als ich merkte, dass Theologie doch richtig für mich ist. Ich habe immer gern mit Menschen gearbeitet, das Leben anderer Menschen interessiert mich, genauso wie das Nachdenken und Reden über theologische Fragen. Ich war in den letzten Jahren in verschiedenen Pfarrstellen im Kanton Zürich tätig. Zug hat mir schon immer gut gefallen, und als ich die Stelle ausgeschrieben sah, musste ich mich einfach bewerben. Dass zu meiner Stelle auch 10 Prozent City- Kirche gehören, hat mich sehr gereizt. Meine ganze Familie musste umziehen, aber es gefällt uns hier gut. Zug als kleine Landeskirche bringt viele Vorteile mit sich. Die Menschen sind direkter, man kennt sich gut. Der Einzelne kann sich besser einbringen, das Miteinander ist gross, nicht nur in meiner Kirchgemeinde, sondern in der ganzen Kirche Kanton Zug. Das finde ich schön, weil ich dies in meinen früheren Gemeinden ganz anders erlebt habe. Hier habe ich gefunden, was mir bisher gefehlt hat.
Ich erlebe hier eine sehr grosse Offenheit, auch viel «Gwunder» und bekomme viel Unterstützung. Kirche soll nicht nur ein Gebäude sein. Wir wollen zusammen unterwegs sein, neue Sachen und neue, verschiedene Wege ausprobieren. Auch verrückte Ideen sollen Platz haben. Wir müssen mutig sein und experimentieren. Das wünsche ich mir von der Kirche. Und ich freue mich, meinen Teil dazu beizutragen und gemeinsam mit den Menschen herauszufinden, welche Wege es gibt, damit wir alle in unserem Glauben und unseren Vorstellungen frei sein können. Immer getragen von Gott.»
Semira Roth und Barbara Rickenbacher