Sie war bis zuletzt für die Ärmsten da
Heidi Kabangus Herz schlug für die Kinder im Kongo. «Ihre Gedanken kreisten ständig um ihr Lebenswerk und dessen Fortbestehen. Noch in ihren letzten Lebenstagen war sie telefonisch und per E-Mail mit dem Schulleiter in Kinshasa in Kontakt», schreibt Matthias Gafner in seinem Nachruf in den Schaffhauser Nachrichten. Und weiter: «Heidi hinterlässt eindrucksvolle Spuren im Kongo. Was sie für die Kinder und Jugendlichen in der Schule in Kinshasa und darüber hinaus getan hat, ist von bleibender Wirkung für das gesamte Schulwesen im Kongo. Für die Lehrerinnen und Lehrer war sie wie eine Mutter, die ihr Leben geprägt und mitbestimmt hat.»
Heidi Stahel kam am 9. Januar 1939 in Hallau zur Welt. Sie absolvierte das Lehrerseminar an der Kantonsschule Schaffhausen und reiste 1964 ins damalige Léopoldville, heute Kinshasa, Hauptstadt des Kongo. Sie heiratete und gründete 1975 die Schule «Les Gazelles». Dort werden heute jährlich 560 Mädchen und Jungen unterrichtet und bis zum Alter von 18 Jahren entweder zu Schneiderinnen und Schneidern oder zu Lehrerinnen und Lehrern ausgebildet. Zu Beginn sei es nicht leicht gewesen, dieses Konzept durchzusetzen. «Die Eltern unserer Schüler waren zunächst gegen eine pädagogische Ausbildung», erzählte die Schulgründerin.
«Les Gazelles» lebt weiter
Sie leitete die Schule in Kinshasa bis zum Jahr 2014 und bildete die Lehrerinnen und Lehrer gezielt weiter, um den Fortbestand der Schule zu sichern. Mit Erfolg, heute führen die einheimischen Lehrkräfte die Schule eigenständig weiter.
In den Jahren 2004 und 2019 erhielt Heidi Kabangu den jährlich mit 25'000 Franken dotierten «Preis für Entwicklungszusammenarbeit» des Schaffhauser Kantonsrats.
Als die Preisträgerin anlässlich ihres 80. Geburtstages auf ihr Lebenswerk zurückschaute, sagte sie erstaunt: «Jetzt sehe ich erst, wie gross das alles geworden ist.» Nach ihrem Lebensmotto gefragt, antwortete sie damals: «Für die Ärmsten da sein, das war schon mein Lebenstraum im zarten Alter von fünf Jahren. Dieses Ideal brennt noch heute in meinem Herzen.» Zu diesem Zeitpunkt war aufgrund ihres fragilen Gesundheitszustandes ungewiss, ob sie noch einmal in den Kongo reisen könnte. «Ich habe ein reiches Leben gehabt», sagte sie und war überzeugt: «Les Gazelles» geht auch ohne mich weiter, das war von Anfang an mein Ziel.» Im November hat sich der Lebenskreis der grossen Afrika-Kennerin geschlossen. Sie durfte, begleitet von ihren drei Töchtern, friedlich einschlafen.
Adriana Di Cesare
Sie war bis zuletzt für die Ärmsten da