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Porträt

Sigrist mit Herz und Hand

von Carole Bolliger
min
27.12.2024
Simon Riedi ist Sigrist und Hauswart der reformierten Kirche Baar. Doch seine Rolle geht weit über die Pflege des Kirchengeländes hinaus. Wie ihn der Zufall zur Kirche führte und weshalb er bleiben will.

Seit 6 Uhr morgens ist Simon Riedi draussen und kämpft gegen die Schneemassen, welche die erste Winternacht dieses Jahr über Baar gebracht hat. Eine Frau, die mit ihrem Hund an ihm vorbeigeht, grüsst er mit einem fröhlichen «Guten Morgen!». Dann wendet er sich wieder seiner Schaufel zu. Riedi ist Baarer – durch und durch. Hier reformiert aufgewachsen, wurde er von Pfarrerin Vrony Stähli konfirmiert. Dass er heute als Sigrist bei der reformierten Kirche Baar arbeitet, war zwar nicht sein Plan, aber ganz von ungefähr kommt es nicht. Sein Vater ist Hauswart, und sein Schwiegervater war lange Sigrist bei der katholischen Kirche in Baar. «Ich wusste etwa, was auf mich zukommt», sagt der 34-Jährige.

Durch Wohnungssuche zum Job

Trotzdem war es eher ein Zufall, dass er vor zwei Jahren neuer Sigrist der reformierten Kirche Baar wurde. Er arbeitete damals noch auf seinem gelernten Beruf als Dachdecker. «Dass ich nicht bis 60 Jahre auf dem Dach arbeiten würde, war für mich schon immer klar», erzählt er. Als er dann eine Wohnung in Baar für seine Familie suchte, traf er Hans Fischer, den kantonalen Bauverwalter der reformierten Kirche Kanton Zug. Dieser sagte im Scherz, er hätte eine Wohnung für ihn, diese wäre aber an den Job des Sigristen und Hauswarts gekoppelt.

Aus Spass wurde ernst und so wurde Simon Riedi Sigrist und Hauswart und zog mit seiner Familie in die dazugehörige Wohnung direkt neben der Kirche. «Es war eine gute Chance, und heute möchte ich es nicht mehr anders haben», schwärmt er. Auch seine Kinder sind sehr glücklich und fühlen sich wohl hier. «Meine Kinder sagen, ich müsse Sigrist bleiben, die wollen nicht mehr weg hier», erzählt er lachend.

Glaube spielt zentrale Rolle

Der dreifache Familienvater mag seinen Job. Als Sigrist ist Simon Riedi für alles rund um den Gottesdienst und kirchliche Anlässe zuständig. «Vorbereiten, mit dem Pfarrer schauen, was es braucht und was nicht, mit den Kirchenmusikern koordinieren», beschreibt er einige seiner Aufgaben. Als Hauswart kümmert er sich um alle Aufgaben rund um die Kirche und das Kirchgemeindehaus. Wie eben heute um das Schneeschaufeln oder im Sommer ums Rasenmähen. An seiner Arbeit mag er vor allem die vielen Kontakte mit den Gemeindemitgliedern und Besuchern. «Ich mache etwas für andere Menschen, das gefällt mir.»

Der Glaube hat immer eine zentrale Rolle in seinem Leben gespielt. «Der Glaube ist mein Grundstein. Ich könnte diesen Job nicht machen, wenn ich nicht glauben würde», betont er. Seine Beziehung zur Kirche hat sich jedoch seit seinem Eintritt in die Position des Sigristen vertieft. Simon Riedi schätzt den Kern der Gemeinde in Baar besonders. «Wenn jemand ein Problem hat oder es jemandem nicht so gut geht, hilft man einander, man unterstützt sich.» Die offene und wertschätzende Atmosphäre innerhalb der Gemeinde und unter den Mitarbeitenden erfreut ihn immer wieder. «Es ist schön, dass wir zusammen den Glauben leben.»

Werte als Sigrist und Mensch leben

Simon Riedi erinnert sich an eine besondere Situation, in der er eine Person im Kirchenschiff am Boden liegend fand. Als er ihr helfen wollte, sagte sie ihm, sie fühle sich wohl und wolle über das Leben sinnieren – am Boden liegend. «So habe ich sie dort liegen lassen», erzählt er. Solche Momente zeigen, wie wichtig es ihm ist, auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen. Wichtige Werte für ihn sind Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit und Offenheit, anderen und anderem gegenüber. Diese Werte möchte er nicht nur als Sigrist und Hauswart vermitteln, sondern auch als Mann, Sohn, Freund und Familienvater. Mit seiner offenen, herzlichen und humorvollen Art trägt er dazu bei, dass die reformierte Kirche Baar ein lebendiger und einladender Ort bleibt.

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