So haben Schweizer Kirchenvertreter den Ökumene-Gipfel erlebt
Mit einem Appell zur Einheit der Christen ist am Donnerstag die 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) zu Ende gegangen. Tausende von Christinnen aus über 350 Kirchen weltweit waren nach Karlsruhe gekommen, um über politische und theologische Fragen zu debattieren und gemeinsam zu beten.
Zum Grossevent sind auch zahlreiche reformierte Kirchenvertreterinnen aus der Schweiz angereist. Die Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche der Schweiz (EKS), Rita Famos, hielt in der Karlsruher Friedenskirche eine Predigt, in der sie den Zusammenhalt der christlichen Kirchen betonte. Es gebe nur diese eine Welt, darum hätten die Kirchen keine andere Wahl, als zusammenzuhalten, sagte Famos.
Mit einem Appell zur Einheit der Christen ist am Donnerstag die 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) zu Ende gegangen. Tausende von Christinnen aus über 350 Kirchen weltweit waren nach Karlsruhe gekommen, um über politische und theologische Fragen zu debattieren und gemeinsam zu beten.
Zum Grossevent sind auch zahlreiche reformierte Kirchenvertreterinnen aus der Schweiz angereist. Die Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche der Schweiz (EKS), Rita Famos, hielt in der Karlsruher Friedenskirche eine Predigt, in der sie den Zusammenhalt der christlichen Kirchen betonte. Es gebe nur diese eine Welt, darum hätten die Kirchen keine andere Wahl, als zusammenzuhalten, sagte Famos.
Rita Famos: «Einheit der Christen war spürbar»
Genau diese Gemeinschaft gehörte für die EKS-Präsidentin, die als Gast mit der vierköpfigen EKS-Delegation nach Karlsruhe gereist war, zu den eindrücklichsten Erlebnissen an der Versammlung. «In den Gottesdiensten und Gebeten war der Wunsch, trotz aller Verschiedenheiten gemeinsam Kirche zu sein, besonders spürbar. Das war für mich ein geistliches Highlight», sagt Famos auf Anfrage von ref.ch.
Auch die vielen Begegnungen mit Christinnen aus aller Welt seien bewegend gewesen. Manche von ihnen würden in ihrer Heimat unterdrückt oder lebten in Ländern, in denen die Kirche die einzige verlässliche Institution sei. «Zu hören, wie sie dennoch ihre Leidenschaft für das Evangelium leben und ihre Gesellschaften aufgrund des christlichen Glaubens unterstützen, war inspirierend», sagt Famos.
Kritik an politischen Stellungnahmen des ÖRK
Eine klarere Sprache hätte sich die EKS-Präsidentin für das Schlussdokument zum Krieg in der Ukraine gewünscht. «Darin ruft der ÖRK zwar beide Seiten zum Frieden auf, äussert sich aber nicht zum Recht auf bewaffneten Widerstand des ukrainischen Volkes. Insgesamt finde ich das Dokument ziemlich vage, aber das ist dem im ÖRK praktizierten Konsensverfahren geschuldet», sagt Famos.
Der Krieg in der Ukraine war einer der Schwerpunkte in der Versammlung. Bereits im Vorfeld hatte die Forderung nach Suspendierung der russisch-orthodoxen Kirche für Kontroversen gesorgt - auch innerhalb der Schweizer Reformierten. Ob es im Hintergrund zu Gesprächen zwischen der russischen und der ukrainischen Delegation gekommen sei und ob das etwas gebracht habe, sei bis jetzt nicht bekannt. Wichtig sei aber, dass ukrainische Kirchenvertreter ihre Kritik an der theologischen Rechtfertigung des Angriffskrieges aussprechen konnten, sagt Famos. «Stellvertretend haben damit auch jene russisch-orthodoxen Geistlichen eine Stimme bekommen, die sich ebenfalls gegen den Krieg stellen, dies aber nicht öffentlich sagen dürfen».
Kritik an politischen Stellungnahmen des Weltkirchenrates übt auch der Berner Theologe und «Neue Wege»-Redaktor Matthias Hui, der ebenfalls in Karlsruhe war. Hui vermisste in der Versammlung eine klarere Stimme der Kirche zum Krieg in der Ukraine und dem Nahost-Konflikt. «Dem Weltkirchenrat ist es nicht gelungen, mit einer prophetischen Stimme aufzutreten, die sich von anderen Positionen unterscheidet», sagt Hui. Auch habe es beim Versuch, den Delegationen aus den Konfliktregionen Gehör zu verschaffen, an Kreativität gefehlt. «Man hat in heiklen Fragen aneinander vorbeigeredet. Das ist eine verpasste Gelegenheit».
Junge in Gremien untervertreten
Neben den aktuellen Kriegen und Konflikten stand in Karlsruhe insbesondere der Klimawandel oben auf der Agenda. Sarah Bach, Delegierte der Evangelisch-methodistischen Kirche und Klimaaktivistin, besuchte zusammen mit der EKS-Delegation die Versammlung. Die Arbeitsgruppen zum Klimawandel seien bereichernd gewesen, sagt sie. Beeindruckt habe sie insbesondere, dass das Thema nicht losgelöst von anderen Gerechtigkeitsfragen wie Ernährung oder Gesundheit behandelt wurde. «Spirituelle, theologische und praktische Fragen des Klimawandels wurden zusammengedacht, davon kann ich extrem viel mitnehmen», sagt Bach.
Ein Wermuttropfen waren für die Delegierte die Wahlen in die ÖRK-Gremien. Bach bedauert, dass im neu gewählten Zentralausschuss lediglich 13 Prozent unter Dreissigjährige vertreten sind. «Bereits in seiner letzten Versammlung hat sich der ÖRK eine Verjüngung seiner Gremien vorgenommen. Das ist leider nicht gelungen», sagt sie.
Gabriela Allemann: «Anlass zur Hoffnung»
Eine «Aufbruchstimmung» hat Gabriela Allemann, Präsidentin der Evangelischen Frauen Schweiz, in Karlsruhe wahrgenommen. In den Podien und Arbeitsgruppen seien gerade auch jüngere Leute und Frauen sowie Menschen aus marginalisierten Gruppen für ihre Anliegen eingestanden. «Da ist ein starker Wunsch nach einer Kirche, die sich in die Welt einbringt», sagt Allemann.
Die EFS-Präsidentin hat in Karlsruhe vor allem Veranstaltungen der ökumenischen Initiative «Casa Comun» besucht, einem Bündnis von Gruppierungen aus der Kirchenbasis, das die Vollversammlung kritisch begleitet hat. In Bezug auf die Amtskirchen sei an der Basis teilweise eine gewisse Resignation festzustellen, sagt Allemann. Die diesjährige Vollversammlung gebe ihr aber Anlass zur Hoffnung, die Herausforderungen dieser Zeit seien erörtert worden. «Wir werden sehen, ob das Anstoss genug war, damit die Kirchen wieder prophetischer und mutiger unterwegs sind».
Verschiedene Welten an einem Tisch
Ein positives Fazit zur Vollversammlung zieht auch die Dübendorfer Pfarrerin Catherine McMillan. Anregend fand sie insbesondere die vielen internationale Kontakte, die sich in Karlsruhe ergaben. «Als Schweizerin wird einem bewusst, welch kleine Minderheit wir innerhalb des weltweiten Christentums sind», sagt sie.
Die Versammlung sei zudem eine Gelegenheit gewesen, aus erster Hand von gesellschaftspolitischen Entwicklungen in anderen Regionen zu erfahren, die mit unserer Politik und unserem Konsumverhalten zusammenhängen. «In Erinnerung geblieben ist mir zum Beispiel eine indische Theologin, die darüber sprach, wie in ihrer Heimat jedes Jahr tausende Bauern wegen Landraub, extremen Wetterereignissen oder Verschuldung Suizid begehen».
Dass Christinnen aus der ganzen Welt und unterschiedlichen Kirchen zusammenkommen, macht für McMillan den Reiz der Vollversammlung aus. «Wo sonst gibt es eine Plattform, auf der sich orthodoxe Priester in ihren schwarzen Roben mit Bischöfinnen aus dem Westen unterhalten?».
Heimito Nollé, ref.ch
So haben Schweizer Kirchenvertreter den Ökumene-Gipfel erlebt