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Hilfswerke

Sparpläne mit «drastischen Folgen für Gesellschaft»

von Marius Schären/reformiert.info
min
11.02.2025
Schweizer Hilfswerke stehen unter grossem finanziellem Druck: durch Kürzungen beim Bund – und in den USA. Heks und Mission 21, die Organisationen mit reformiertem Hintergrund, müssen sich teils zurückziehen. 

Für Hilfswerke wird es immer enger. Nicht genug damit, dass die Bundesbeiträge in den kommenden Jahren stark gekürzt werden. Auch die jüngsten Entscheide in den USA zur dortigen Behörde für internationale Entwicklung (Usaid) betreffen die Arbeit anderer Organisationen und vor allem die Menschen, die bisher von der Unterstützung profitierten.

Zu spüren bekommen die Auswirkungen auch das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz (Heks) und die evangelische Mission 21. Heks erhielt bisher namhafte Beiträge von Usaid für Projekte in Kongo, Äthiopien und der Ukraine. Einnahmen von 7,5 Millionen Franken fallen jetzt weg – etwa sechs Prozent des Budgets des Heks.

Unterstützung für etwa 900’000 Menschen

Die ausschliesslich von der US-Behörde finanzierten humanitären Projekte in diesen drei Ländern wird Heks schliessen müssen. Man setze alles daran, die betroffenen Mitarbeitenden weiterbeschäftigen und die Unterstützung für insgesamt etwa 900'000 Menschen fortsetzen zu können, heisst es bei Heks.

Auswirkungen hätte der Rückzug von Usaid auch rückblickend. Projektabrechnungen fürs letzte Quartal 2024 sind noch offen. «Derzeit ist unklar, wann und ob diese ausstehenden Forderungen beglichen werden», sagt Heks-Mediensprecher Dieter Wüthrich. Allenfalls müssten diese Posten und die suspendierten Projekte für 2025 abgeschrieben und den Reserven entnommen werden.

Heks wird nicht darum herumkommen zu prüfen, ob das Projektportfolio im Ausland stärker geografisch oder thematisch fokussiert werden muss – oder beides.

Auswirkungen der Sparpläne noch nicht konkret

Noch nicht abschliessend bekannt sei, wie sich die Kürzungen der Bundesbeiträge auf die Hilfswerke auswirkten. Klar sei, dass sich der ohnehin angekündigte Rückzug der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) aus Lateinamerika auf das Engagement von Heks in dieser Region auswirken wird.

Projekte zu verkleinern oder gar zu schliessen, seien schwierige Entscheide, sagt Dieter Wüthrich. Wenn möglich würden in enger Absprache mit den Partnerorganisationen und der involvierten Bevölkerung die besten Ansätze entwickelt, um zu bestimmen, welche Projektkomponenten reduziert oder weggelassen werden können. Zudem würden betroffene Gemeinschaften unterstützt, andere Organisationen zu finden für die Projekte. «Das sind Prozesse, die nicht von heute auf morgen möglich sind. Deshalb sind Übergangsfinanzierungen wichtig.»

 

Drei Heks-Mitarbeiter wurden im Kongo getötet

In der Demokratischen Republik Kongo sind am 5. Februar drei Mitarbeiter des Heks getötet worden, der «Kirchenbote» berichtete. Die einheimischen Mitarbeitenden befanden sich während eines humanitären Einsatzes im Krisengebiet. Das Hilfswerk hat eine Taskforce eingerichtet, die sich um die Rückführung der Opfer und die Unterstützung der Hinterbliebenen kümmert.

Der Angriff ereignete sich im Territorium Rutshuru in Nord-Kivu. Die Projektarbeit dort hat Heks vorübergehend ausgesetzt. Weitere gesicherte Informationen könne er zurzeit nicht geben, sagt Heks-Sprecher Dieter Wüthrich auf Anfrage. Den Angriff verurteilt das Heks als schwere Verletzung des humanitären Völkerrechts. Mitarbeitende und Leitung des Hilfswerks seien tief erschüttert.

 

Arbeit muss angepasst werden

Die Arbeit des Hilfwerks verändert sich zurzeit tiefergreifend. «Heks wird nicht darum herumkommen zu prüfen, ob das Projektportfolio im Ausland stärker geografisch oder thematisch fokussiert werden muss – oder beides», hält Wüthrich fest. Weiter investiere die Organisation vermehrt in das Fundraising bei Stiftungen und institutionellen Geldgebenden, Synergien mit anderen Organisationen würden ausgebaut.

Und man setze mehr auf «innovative Finanzierungsformen» wie das «Impact Investing»: «Dabei erhalten kleine und mittlere Unternehmen Darlehen und technisches Know-How, die eine positive Wirkung auf ihre Gemeinschaften und die Umwelt haben.» 

Geplante Zusammenarbeit eingefroren

Auch für das evangelische Missionswerk Mission 21 haben die Streichungen von Geldern Folgen. Zwar führt die Organisation keine direkt durch Usaid finanzierte Projekte – noch nicht, wie Direktor Jochen Kirsch sagt: «Ich habe mich in den vergangenen Jahren mehrfach in Washington mit den Verantwortlichen einer Abteilung von Usaid treffen dürfen. Sie waren sehr an Mission 21 interessiert.»

Auf dieser Basis habe Mission 21 Kontakt aufnehmen können mit verschiedenen nationalen Niederlassungen von Usaid. In Gesprächen sei man teils bis zur Vertragsreife gekommen. Doch: «Diese geplante Zusammenarbeit ist jetzt eingefroren.»

«Horrorszenario» möglich

Aber für Kirsch ist das noch nicht das Gravierendste. «Am meisten bedrücken mich die Folgen für Betroffene der Usaid-Hilfe, zum Beispiel in Afrika», sagt er. Dabei spricht er selbst von «Horrorszenario»: Wenn die Organisation tatsächlich zum Beispiel die Bezahlung von Medikamenten für HIV-Infizierte streichen sollte, wären in der Folge Hunderttausende Tote möglich. «Das hätte natürlich auch drastische Folgen für die Gesellschaft vor Ort», warnt Kirsch. «Und damit ändern sich und steigen die Bedürfnisse, die wir durch unsere Arbeit seitens Mission 21 decken müssen.»

Auch die Kürzungen der Bundesbeiträge haben Folgen bei Mission 21. Zwar seien die definitiven Zahlen auch für das aktuelle Jahr nach wie vor nicht bekannt. Doch das Missionswerk reduziert bereits, wie der Direktor sagt: «Ende 2024 haben wir die Tätigkeit in Chile eingestellt, Ende 2025 werden wir uns aus der DR Kongo zurückziehen.»

 

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