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Freitod in der Schweiz

Sterbehilfeorganisation Exit will liberale Regeln beibehalten

von epd/Herbermann
min
18.10.2024
Seit dem ersten Suizid mit der «Sarco»-Kapsel im September fordern Politiker ein Suizidhilfegesetz mit klaren Vorgaben. Marion Schafroth, Präsidentin der Sterbehilfeorganisation Exit, warnt vor strengeren gesetzlichen Regelungen. Sie betont die Bedeutung der Eigenverantwortung bis zum Lebensende.

Die Präsidentin der Schweizer Sterbehilfeorganisation Exit, Marion Schafroth, lehnt schärfere gesetzliche Regeln für die Freitodbegleitung in ihrem Land ab. Der aufsehenerregende Freitod einer erkrankten US-Amerikanerin in der  sogenannten Suizidkapsel «Sarco» im Kanton Schaffhausen könnte dazu führen, dass die Schweizer Politik detaillierte gesetzliche Regeln für den assistierten Suizid erlassen wolle. «Dies würde zu Einschränkungen unserer jetzt geltenden und befriedigenden liberalen Situation führen», sagte Schafroth dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Genf.

Die Organisation Exit, die im vergangenen Jahr 1252 Menschen beim Freitod assistierte, setze sich seit Langem für die Eigenverantwortung bis ans Lebensende ein. Exit werde seine Methode bei der Suizidbegleitung nicht ändern und  weiter ausschliesslich das todbringende Medikament Natrium-Pentobarbital verwenden. «Dieses Medikament ist vielfach erprobt und bewährt», sagte die Chefin der Organisation, die 180'000 Mitglieder zählt.

Die promovierte Medizinerin sagte, dass die meisten Personen mit Sterbewunsch schwer krank und geschwächt seien. Sie seien deshalb froh, daheim oder in einem gewohnten Umfeld aus dem Leben zu scheiden. «Die Vorstellung, stattdessen an einen schönen See oder in einen rauschenden Wald zu fahren, um dort in eine Kapsel zu steigen, mag PR-mässig gut klingen, ist jedoch schlecht praktikabel und entspricht keinem wahren Bedürfnis», betonte sie.

 

Marion Schafroth, Präsidentin der Sterbehilfeorganisation Exit.


Heute machten assistierte Suizide rund zwei Prozent aller Todesfälle in der Schweiz aus. «Wir erwarten auch in den kommenden Jahren steigende Zahlen und gehen von einer weiteren Zunahme bis gegen fünf Prozent aller Todesfälle aus», prognostizierte sie. Die Hilfe für Sterbewillige werde aber nicht zur Routine verkommen. Jede Freitodbegleitung und der sehr intime Moment des Abschiednehmens und Sterbens seien absolut einmalige Situationen.

In der Schweiz ist ein assistierter Suizid laut Strafgesetzbuch erlaubt, solange eine Person nicht «aus selbstsüchtigen Beweggründen jemanden zum Selbstmorde verleitet oder ihm dazu Hilfe leistet». Zudem müssen weitere Voraussetzungen wie Urteilsfähigkeit bei dem Sterbewilligen vorhanden sein. Wer die Hilfe von Exit in Anspruch nehmen will, muss dem Verein beitreten, volljährig sein, Bürger der Schweiz oder dort wohnhaft sein.

Schafroth betätigte, dass Exit auch Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen beim Freitod helfe. «Aber nur dann, wenn nachweislich eine langjährige Erkrankung besteht, die trotz erfolgter Therapiebemühungen die Lebensqualität andauernd und unerträglich einschränkt», erläuterte sie. Zwei Psychiater müssten die Urteilsfähigkeit des Sterbewilligen bestätigen.

Seit dem Freitod mit «Sarco», den die Sterbehilfeorganisation «The Last Resort» im September organisierte, fordern Politiker in der Schweiz ein Suizidhilfegesetz mit klaren Vorgaben. Auch Freitodorganisationen wie Exit sollen überprüft werden.

 

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