Am 1. Januar beginnt gleich für mehrere Gemeinden im Kanton Baselland nicht nur ein neues Jahr, sondern auch ein neues Miteinander. Die drei neu gegründeten Kirchgemeinden Sissach-Wintersingen, Langenbruck-Waldenburg und Schafmatt-Wisenberg sind infolge von Fusionierungen entstanden und werden fortan Kirche und Kirchenleben miteinander teilen.
Die Fusionen sind das Ende teilweise langjähriger Prozesse. Zugleich sind sie auch der Anfang neuer Wege, neuer Hürden – und neuer Hoffnungen. Könnten Fusionierungen die Kirche im Dorf retten, indem sie sie genau da nicht stehen lassen?
Mehr Möglichkeiten in allen Gemeinden
Die St.-Niklaus-Kirche in Oltingen ist bis auf den letzten Platz besetzt. Es ist die erste Gemeindeversammlung der frisch geborenen Kirchgemeinde Schafmatt-Wisenberg und Anwesende aus allen Gemeindsgebieten haben an diesem Sonntagmorgen im Oktober den Weg nach Oltingen auf sich genommen. Schafmatt-Wisenberg vereint sieben politische Gemeinden, acht Dörfer und drei Kirchen in sich.
Die Fusion bedeutet, dass in allen Gemeinden mehr möglich wird. Die totalrevidierte Kirchenordnung von 2021 schreibt eine Vollzeit-Pfarrstelle auf 1500 Mitglieder vor. Für kleine Kirchgemeinden eine schwierige Vorlage – besonders vor dem Hintergrund schwindender Mitgliederzahlen. Für die neue Grosskirchgemeinde konnten jedoch bereits drei Pfarrpersonen gewonnen werden. Sie sind als langfristige Stellvertreter angestellt mit Aussicht auf Festanstellungen.
Finanzielle Stabilität
«Fusionen erlauben den Gemeinden, mit mehreren Pfarrpersonen unterwegs zu sein», sagt Kirchenratspräsident Christoph Herrmann. Zudem lastet die Arbeit nicht mehr allein auf den Pfarrpersonen, sondern kann delegiert werden. «Kirchliche Arbeit funktioniert interprofessionell», betont Herrmann. «Wir sind unterwegs zu einer Beteiligungskirche.»
Vor ähnlichen Herausforderungen stand auch die Kirchgemeinde Wintersingen-Nusshof. Im Zusammenschluss mit der Kirchgemeinde Sissach-Böckten-Diepflingen-Itingen-Thürnen soll eine neue finanzielle Stabilität entstehen, indem etwa administrative Aufgaben geteilt werden. «Die Fusionen helfen, das kirchliche Leben auf eine kreative Art weiterzuführen», so Herrmann. Die Fusion stellt sicher, dass auch für kommende Generationen Angebote des kirchlichen Lebens zur Verfügung stehen.
Von der Zusammenarbeit zum Zusammenschluss
Einen anderen Weg hat die Kirchgemeinde Langenbruck-Waldenburg-St. Peter hinter sich. Anstatt direkt in die Fusion zu gehen, versuchten es die Kirchgemeinden 2017 mit einer Kooperation. Sie suchten einen gemeinsamen Pfarrer und stellten einen gemeinsamen Seelsorger ein.
Dass sich die Gemeinden nun nach langjähriger Zusammenarbeit zusammenschliessen, liegt unter anderem an der neuen Finanzordnung, derzufolge die landeskirchlichen Zuschüsse ab 2025 anders verteilt werden. Für kleine Gemeinden wird es schwieriger, sich alleine zu finanzieren.
Christoph Herrmann sieht Vorteile in den verschiedenen Vorgehen. «Schafmatt-Wisenberg hat erst die Verträge ausgehandelt und ein strukturelles Gerüst geschaffen», sagt er. «Das dürfen sie nun mit Leben füllen. Langenbruck-Waldenburg-St. Peter auf der anderen Seite hat einen Möglichkeitsraum geschaffen und erlebbar gemacht, was eine Fusion bedeutet.»
Präsenz bewusst gestalten
Bei allem Optimismus darf man die Herausforderungen der Gemeinden nicht unterschätzen. «Eine Fusion ist mit dem Schmerz verbunden, dass man nicht mehr selber Kirchgemeinde ist», so Herrmann. «Diesen Schmerz muss man zulassen, denn man muss sich von vielem verabschieden.»
Die verschiedenen Kirchen und Gemeindezentren sind räumlich voneinander getrennt. Traditionen und Bräuche verschieben sich oder werden zugunsten von Neuem aufgegeben. «Man darf das kirchliche Leben in den Dörfern nicht aberkennen», betont Herrmann. Die Kirche im Dorf sei wichtig. Aber noch wichtiger seien die Menschen. «Die Stärke der Kirche ist es, Präsenz zu markieren. Nun wird es darum gehen, diese Präsenz noch viel bewusster zu gestalten.»
Unterwegs zur Beteiligungskirche