Vertriebenen Eltern und ihren Kindern in der Ukraine helfen
«Es ist nicht leicht für uns als Eltern, unserer Tochter zu erklären, dass jede Explosion, die sie hört, Zerstörung bedeutet», sagen Dmitrij und Irina Kalugin. Die Familie stammt ursprünglich aus dem Donbass, wo der Krieg bereits 2014 ausbrach. Die erneute Flucht aus Dnipropetrowsk (Südostukraine) brachte die drei schliesslich nach Kiew, wo sie seit Beginn des russischen Grossangriffs ebenfalls Raketenangriffe erleben. «Natürlich haben wir unserem Kind so gut wie möglich Anweisungen gegeben. Doch es reagiert ängstlich und stark auf den Alarm, wenn es Explosionen hört.»
Familie Kalugin wird wie zahlreiche andere ukrainische Familien von der Stiftung «Kinder der Hoffnung» unterstützt. Die Kiewer NGO hilft Binnenflüchtlingen und weiteren in Not geratenen Menschen seit dem Jahr 2015. Da die Familie an ihrem ursprünglichen Wohnort alles verloren hatte, wurde die Wohnungsmiete in Kiew in der ersten Zeit übernommen, bis der Vater wieder eine Arbeit gefunden hatte. Als es am Anfang an allem fehlte, erhielten sie von der Stiftung Lebensmittel, Medikamente und Hygieneartikel. Andere Familien werden mit Überbrückungshilfen unterstützt, damit sie Holz oder Gas für das Beheizen der Wohnung im Winter kaufen können.
Ein Elternteil muss sein Einkommen opfern, um die Tochter in die Schule zu bringen und wieder abzuholen, da Kinder aus Sicherheitsgründen nicht allein unterwegs sein dürfen. Es gibt Tage in Kiew, an denen zwei bis fünf Raketenalarme ertönen. Die Behörden müssen im Vorfeld eines jeden Raketeneinschlags die Sirenen auslösen, auch wenn die Raketen abgefangen werden können.
Jene Raketen jedoch, die treffen, richten bei Menschen sowohl körperlich als auch psychisch Schaden an. Bei jedem Sirenenalarm müssen die Schulkinder sofort in den Schutzkeller flüchten, was bei diesen eine grosse Anspannung auslöst. Viele schulische Programme können durch die stän-digen Unterbrüche nicht unterrichtet werden. Manche Kinder und auch Erwachsene leiden aufgrund des Beschusses unter panischen Angstattacken.
Spielen, basteln und liebevolle Betreuung
Hier unterstützt die Stiftung «Kinder der Hoffnung». Sie organisiert regelmässige Treffen für Kinder aus Flüchtlingsfamilien. In den Kursen machen auch Kinder mit, die andere schwere Kriegstraumata erlitten oder den Vater durch die Kämpfe verloren haben.
In der Hauptstadt werden die Kurse in Schutzräumen der Kirche des heiligen Nikolai durchgeführt, in den umliegenden Gebieten in den Dörfern Woropajiw und Chotjaniwka. In den vergangenen Monaten wurde in diesen Klassen mit den Kindern gemalt, mit verschiedensten Materialien gebastelt, es wurden Kerzen hergestellt und Lebkuchen verziert.
«Bei den Zusammenkünften können die Kinder mit gleichaltrigen Kameraden spielen, abschalten, ihre Talente entdecken», erzählt Regula Spalinger vom Forum RGOW, Religion & Gesellschaft in Ost und West, aus Zürich. Sie steht seit 2022 dank einer Projektpartnerschaft des Forums in engem Austausch mit den Verantwortlichen der Kiewer NGO. «Eine liebevolle Betreuung durch mehrere NGO-Mitarbeiterinnen und zahlreiche Freiwillige lässt die Kinder das Gefühl der Sicherheit spüren und des geschützten Seins.» Bei Nachfrage wird auch eine psychologische Betreuung für kriegstraumatisierte Kinder und Erwachsene vermittelt. 20 bis 30 Kinder und ihre Eltern besuchen in Kiew regelmässig diese Treffen. An den zwei anderen Standorten sind es im Durchschnitt zwischen 90 und 100 Kinder.
Bau eines neuen Gemeinschaftszentrums
Um für die Kinder und ihre Familien einen Ort zum regelmässigen Austausch zu schaffen, plant «Kinder der Hoffnung» in Chotjaniwka, einem Dorf in der Nähe von Kiew, den Bau eines Begegnungszentrums. Dort besitzt die Stiftung ein geeignetes Grundstück, das sie vor ein paar Jahren erwerben konnte. Die daran angrenzende kleine Kirche hat die Stiftung selbst errichtet. Ein ausgearbeiteter Bauplan besteht bereits. Die Gegend blieb bislang mehrheitlich von Angriffen verschont.
«Wir werden in unsere Aktivitäten Sport und Spiel, handwerkliche Workshops und Erkundungen in die Umgebung einbauen», sagt Anna Matjuschkina, seit vielen Jahren Projektleiterin bei «Kinder der Hoffnung».
Die gelernte Pädagogin organisiert die Angebote für die Kinder in Kiew und wirkt selbst als Kursleiterin mit. «Der nahe Fluss Desna lädt im Sommer zum Baden ein, zudem können wir Ausflüge mit unseren eigenen Kajaks unternehmen. 2025 soll mit dem Bau des ‹Hauses der Freunde›, begonnen werden.»
Schaffhauser Bettagsaktion
Die Schaffhauser Bettagsaktion wird seit über 50 Jahren von den drei Landeskirchen getragen. Die Spenden kommen vollumfänglich dem Projekt «Kinder der Hoffnung» zugute. Auftaktanlass der Bettagsaktion ist eine Standaktion am Fronwagplatz in Schaffhausen am Samstag, 14. September. Durchgeführt wird diese Aktion gemeinsam mit dem Forum RGOW, Religion & Gesellschaft in Ost und West. Auch ukrainische Flüchtlingsfrauen werden anwesend sein.
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