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Von Männern, Möpsen und Mysterien

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15.06.2017
Um die Freimaurer ranken sich viele Gerüchte. Pünktlich zum 300-jährigen Bestehen des Geheimbundes gewährt das Bernische Historische Museum Einblicke in Geschichte und Gegenwart der Freimauerei. Der Rundgang «Top Secret» findet dabei eine gelungene Balance zwischen Aufklärungsdrang und Lust am Geheimnis.

Bei Freimaurerei denkt man an einen Geheimorden à la «Illuminati» des Bestsellerautors Dan Brown, einen elitären Männerklub oder bizarre religiöse Kulte. An Klischees mangelt es nicht: «Die meisten haben nur vage Vorstellungen», erklärt auch Daniel Schmutz vom Bernischen Historischen Museum (BHM), wo am Donnerstag, 15. Juni, die Austellung «Top Secret» eröffnet wird.

Die Schau will etwas Licht in Geschichte und Gegenwart des Geheimordens bringen. Zusammengestellt hat sie das BHM mit Hilfe der Berner Freimaurerloge «Zur Hoffnung». Der Zeitpunkt ist nicht zufällig gewählt: Vor 300 Jahren, am 23. Juni 1717, fand in London die Gründungsversammlung der organisierten Freimaurerei statt. Die Ausstellung ist also eine Art Jubiläumsschau, die dem Phänomen mit Neugier, Lust am Geheimnisvollen und einer Prise Humor begegnet.

Freimaurer als Freidenker
Die genauen Ursprünge der Freimaurer liegen im Dunkeln. Warum etwa sich die bürgerlichen Männer auf die Steinmetze berufen, weiss man nicht so genau. «Die Zeit der gotischen Baukunst war im 18. Jahrhundert längst vorbei. Steinmetze brauchte es zu dieser Zeit kaum mehr», sagt Daniel Schmutz. Die Vermutung liegt nahe, dass es dabei auch darum ging, sich mit einer Aura von Weisheit und Altehrwürdigkeit zu umgeben. «Steinmetze galten als Berufsleute, die über geheimes Wissen verfügten», so der Historiker.

Geheimhaltung und ein mysteriöses Gebaren waren in der Freimauerei des 18. Jahrhunderts aber nicht nur ein elitäres Spiel, wie es einem heute vorkommen mag – tatsächlich trafen sich die Freimaurer in englischen Pubs, um sich auf ihre humanistischen Ideale der Brüderlichkeit, Gerechtigkeit und Gleichheit einzuschwören. Bald expandierte die Freimaurerei von England nach Frankreich, Gibraltar, Kalkutta, Boston und Hamburg und fand auch ihren Weg in die Schweiz. Erste Logen entstanden in Genf, Lausanne, Neuenburg und Bern. Der absolutistischen Monarchie wie auch der katholischen Kirche waren die freidenkerischen Ideen ein Dorn im Auge: «Die Freimauer verbreiteten die Ideale der Aufklärung», sagt Schmutz. So war die Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge in Bern um 1745, unter französisch-monarchistischem Einfluss, verboten: «Wer dazugehörte, verlor öffentliche Ämter und musste 100 Taler Busse zahlen». 100 Taler entsprachen dabei etwa eineinhalb Jahreslöhnen eines Handwerkes – durchaus eine erkleckliche Summe.

Die Angst der Monarchen vor dem Geheimorden war nicht ubegründet. Tatsächlich haben freimaurerische Kräfte die französische Aufklärung mitgeprägt: «Auch Montesquieu und Voltaire, die Vordenker von Demokratie und Liberalismus, waren Freimaurer», so Daniel Schmutz. Als die Eidgenossenschaft gegründet wurde, waren drei von sieben Bundesräten Freimaurer.

A.B.a.W. ist das Kürzel der Freimaurer für Gott
Das liberale Gedankengut ist die eine Seite der Freimaurer. Auf der anderen Seite gibt es die mystisch-religiöse Dimension des Geheimordens. Die Freimaurer beziehen sich nicht nur auf die Steinmetze, auch der Templerorden, altägyptische Mysterienkulte und der Tempel des Salomon spielen eine wichtige Rolle in der Symbolik und den Ritualen der Freimaurer. Auf vielen Dokumenten und Gegenständen findet sich zudem das Kürzel «A.B.a.W.»: «Die nach England orientierten Freimaurer beziehen sich stark auf Gott, den sie den Allmächtigen Baumeister aller Welten nennen», erläutert Schmutz. Die Ausstellung zeigt ein Modell des alttestamentlichen Jerusalemer Tempels mit den beiden bronzenen Säulen, den zwei geflügelten Cherubim und der Bundeslade im Inneren. Bis heute werden die Logen der Freimaurer nach diesem Vorbild eingerichtet.

Freimaurer im Visier der Nationalsozialisten
Auch die interne Hierarchie des Ordens und die für Aussenstehende unverständliche Zeichensprache erinnern an eine mystische Bruderschaft. Die Ausstellung präsentiert neben vielen rituellen Gegenständen die Schurze, die Mitglieder je nach Initiationsgrad tragen. So etwas wie den Höhepunkt der Ausstellung bildet der mit originaler Ausstattung nachgebaute Tempel der Loge «Zur Hoffnung». In einer Tonschau können die Besucherinnen ein Aufnahmeritual miterleben.

Die Ausstellung beleuchtet auch schwierigere Kapitel in der Geschichte der Freimaurerei. Nationalsozialistische Ideologen etwa unterstellten den Geheimorden, Teil der «jüdischen Weltverschwörung» zu sein. In der Schweiz versuchten Rechtsradikale 1937, die Freimaurer mittels einer Volksinitiative zu verbieten. Erfolglos.

Damen küssen Möpse
Die Freimaurer gibt es bis heute. Die Berner Loge «Zur Hoffnung» zählt etwas über 100 Mitglieder. Allerdings leidet sie unter einer gewissen Überalterung, wie ein Kuchendiagramm in der Ausstellung zeigt. In einer der interessantesten Stationen des Rundgangs kommen vier aktive Freimaurer zu Wort. Sie erzählen, was ihnen an der Ordensmitgliedschaft wichtig ist. Dabei wird deutlich: Eine progressive Bewegung sind die Freimaurer heute nicht mehr. Wertkonservative Haltungen dominieren. Der Zusammenhalt, die Rituale und die Möglichkeit für Freundschaft und Gespräche sind Punkte, die immer wieder genannt werden. Unter den Interviewten ist auch eine Frau. Seit dem 19. Jahrhundert gibt es Frauen-Logen. Ohnehin: Die Kritik an der Männerbündelei ist so alt wie die Freimaurerei selber. Bereits im 18. Jahrhundert entstand in Frankreich der sogenannte «Mopsorden», der auch Frauen zuliess. Das Aufnahmeritual war eine Art Persiflage auf die Freimaurerinitiation. Die Adeptinnen mussten mit geschlossenen Augen den Anus eines Mopses küssen – glücklicherweise war dieser aus Porzellan.

«Top Secret» ist eine gut dokumentierte, abwechslungsreiche Tour durch Geschichte und Gegenwart der Freimaurer. Wer sie besucht, ist danach um einige Vorurteile und Klischees ärmer. Das schmälert jedoch kaum die Faszination, die vom Phänomen ausgeht.

Susanne Leuenberger / ref.ch / 15. Juni 2017

Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».

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