Nachdem Kirchenratspräsident Martin Stingelin auf Ende 2019 seinen Rücktritt bekannt gegeben hatte, bildete die Synode eine Findungskommission für die Nachfolge. Ihr Wahlvorschlag heisst Christoph Herrmann. Der Pfarrer aus Oberwil habe die Findungskommission überzeugt, sagt Andrea Heger, Präsidentin der Synode. Er handle sehr wohlüberlegt, sei erfahren und kompetent, gut vernetzt und mit der Basis verbunden. Herrmann bringe Führungserfahrung mit und sei mit der Kirchenlandschaft im Baselbiet seit langem vertraut. Der 55-Jährige arbeitet seit 1990 als Gemeindepfarrer im Kanton. Zuerst in Reinach und seit 2005 in Oberwil. Von 2007 bis 2013 war er zudem Mitglied des Kirchenrats und seit 2016 ist er Mitglied der Projektleitung «Umsetzung Visitation». Weitere Bekanntheit über Baselland hinaus erlangte Herrmann von 2013 bis 2018 als Radioprediger bei SRF 2.
Die Wahlempfehlung
Christoph Herrmanns Vorstellungen über die Kirche der Zukunft hätten die Findungskommission in ihrer Entscheidung ebenfalls beeinflusst, meint Andrea Heger. Dass die Findungskommission mit Christoph Herrmann nur eine Person zur Wahl empfiehlt, habe sich so ergeben, nicht zuletzt, weil eine weitere valable Person ihre Kandidatur zurückgezogen habe. Grundsätzlich könnten aber bis zur Synodetagung am 5. Juni weitere Nominationen beim Synodevorstand eingereicht werden. Wählbar sind alle stimm- und wahlberechtigten Mitglieder der Reformierten Kirche Baselland. 2013 ist Christoph Herrmann nach sechs Jahren als Kirchenrat zurückgetreten. Für die wichtige Arbeit habe ihm neben dem Gemeindepfarramt damals die Zeit gefehlt, sagt er. Jetzt aber möchte er seine Erfahrungen aus bald 30 Jahren Dienst in der Reformierten Kirche Baselland einbringen. Herrmann versteht sein Amt weder als Manager noch als Bischof. Er sieht sich als Zuhörer. Dies entspreche der biblisch-christlichen Tradition: «Der Glaube kommt nach dem Zuhören.» Damit fange seine Arbeit an, zu hören, was andere beschäftigt.
Geschichten-Schatz der Bibel
Zurzeit diskutiere die Reformierte Kirche Baselland ihre Strukturen, sagt Christoph Herrmann. Diesen Prozess habe der Visitationsbericht von 2016 angestossen. Dabei sei man davon ausgegangen, dass die Kirche ihre Stärken zur Geltung bringen und in die Gesellschaft ausstrahlen sollte. «Dies ist etwas in Vergessenheit geraten», findet Herrmann. Es geht ihm darum, die Glaubensinhalte zu vermitteln. «Die Bibel enthält einen Schatz an Geschichten. Diese sollten wir freudig und mutig ins Feld führen, damit sie ihre Wirkung entfalten können in der Welt, die sich rasant verändert.» Zudem könne die Kirche etwa im Gebet eine Sprache finden, wo bei vielen Sprachlosigkeit herrsche.
Neben der Wahl legt der Kirchenrat an der nächsten Sitzung der Synode die revidierte Kirchenverfassung zur ersten Lesung vor. Die aktuelle Verfassung stammt aus dem Jahr 1952. «Mit der Totalrevision der Kirchenverfassung soll der Weg bereitet werden, damit die Reformierte Kirche Baselland beweglicher wird und in Zukunft zeitgemäss auf neue Herausforderungen reagieren kann», schreibt der Kirchenrat zur Vorlage. Die neue schlankere Verfassung soll sich auf Grundsätzliches beschränken. Folgeerlasse regeln die Details. Waren Neuerungen bisher mit einer Verfassungsänderung verbunden, über die zwingend das Kirchenvolk entscheiden muss, könnte in Zukunft also die Synode über Änderungen in den einzelnen Ordnungen bestimmen.
Den «Geist» beibehalten
Der Kirchenrat betont aber, dass man darauf geachtet habe, den «Geist der Verfassung von 1952» beizubehalten. «Der Auftrag der Kirche hat sich nicht geändert: die Verkündigung des Evangeliums in Wort und Tat. Wir sind eine den Menschen zugewandte Kirche, die sich als Volkskirche versteht und ihre Dienstleistungen der ganzen Bevölkerung zugutekommen lässt.»
Die zweite Lesung ist für die Herbstsynode im November geplant. Nächstes Jahr soll die neue Verfassung den Kirchenmitgliedern zur Abstimmung vorliegen.
Rechnung 2018 mit Überschuss
Ein jährlich wiederkehrendes Geschäft an der Frühjahrssynode ist die Rechnung. Die drei Jahresrechnungen der Reformierten Kirche Baselland weisen für das Jahr 2018 insgesamt einen Überschuss von 956 705 Franken aus. Dazu trugen verschiedene Faktoren bei. So schlägt sich die Ausfinanzierung der Pensionskasse erst in der Rechnung 2019 nieder, wenn die Mittel von 537 175 Franken einmalig verbucht werden. Zudem seien einmalige positive Effekte angefallen, schreibt der Kirchenrat im Kommentar zur Rechnung. Dazu zählen ein höherer Kantonsbeitrag und vakante Pfarrstellen in den Kirchgemeinden.
Karin Müller, 3. Juni 2019
Weder Manager noch Bischof