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Wenn die Zeit keine Rolle mehr spielt

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27.02.2018
Das neue Buch von Katharina Zimmermann handelt von einer Altersliebe. Im Interview erzählt die Bernerin von der Beziehung zu ihren Romanfiguren und warum sie nicht gerne über ihren Glauben spricht.

Seit über dreissig Jahren schreiben Sie Kinderbücher, Romane und Erzählungen. Und das neben einem intensiven Familienleben mit eignen Kindern und Pflegekindern. Wann schreiben Sie?
Immer morgens. Ich fing damit an, als mein jüngstes Kind zur Schule ging. Kaum war ich allein zuhause, setzte ich mich hin und schrieb. Danach machte ich das Mittagessen und hatte dann keine Möglichkeit mehr, mich zurückzuziehen. Seither ist die Zeit zwischen acht und zwölf meine Schreibzeit. Das habe ich beibehalten. Heute hätte ich ja den ganzen Tag zur Verfügung, aber morgens kann ich mich besonders gut konzentrieren. Und ich habe dann mittags auch schon etwas gearbeitet, das ist befriedigend.

Was bedeutet für Sie schreiben?
Beim Schreiben tauche ich komplett ein in eine andere Welt. Die Zeit spielt keine Rolle mehr: Ich fange um acht an und plötzlich läuten die Glocken des Münsters den Mittag ein. Diese Art von Konzentration erlebe ich als erfüllend und möchte sie auch jetzt im Alter nicht missen.

Normalerweise recherchieren Sie lange, bevor Sie zu schreiben beginnen. Diesmal nicht.
Ja, bei dieser Geschichte fing alles mit einem Einfall, mit einem Bild an: Ich sah zwei ältere Menschen, ein Mann und eine Frau, die sich auf dem Friedhof kennen lernen. Ab da liess ich mich überraschen von der Handlung, die sich entwickelte, von den Figuren, die immer mehr Gestalt annahmen und die mir sehr lieb wurden. Ich lebte mit ihnen und spürte sie. Jetzt ist das Buch fertig und ich muss sie gehen lassen. Das ist keine gute Zeit, ich vermisse sie.

Auch die gesprochene Sprache war für Sie immer schon wichtig.
Die Sprache, geschrieben und gesprochen, ist für mich Zugang zur Welt, ein Tor in andere Kulturen und Zeiten. Ich lebte mit meiner Familie fünfzehn Jahre in Indonesien. Anfangs konnte ich mich nur auf Englisch mit den Leuten unterhalten. Je besser mein Indonesisch wurde, desto mehr kam ich im Land an. Die Sprache wurde für mich wie ein Kleid, das ich überstreifte, wenn ich aus dem Haus ging. Damit konnte ich eintauchen in die fremde Welt.

Welch Rolle spielt für Sie der Glaube?
Ich fühle mich getragen vom Glauben. Natürlich kommen auch Zweifel, aber je näher ich dem Tod komme, desto mehr beschäftige ich mich mit der Frage: Wie wird es sein, wenn dieses Leben zu Ende geht? Mein Mann lebte ganz stark vom Glauben und während seiner langen Krankheit waren diese Themen enorm präsent. Als er dann starb, war dieses Gehaltensein plötzlich weg. Die starke Gegenwart einer hilfreichen Kraft war einfach nicht mehr da.

Und wie war das für Sie?
Es fühlte sich leer und kalt an. Vorher mit diesem kranken Menschen umgab uns ein Segen, der fehlte dann. Danach war ich einige Woche, man kann fast sagen, glaubenslos. Nichts nützte mir, weder in der Bibel zu lesen, noch in einen Gottesdienst zu gehen. Ich war wie abgeschottet.

Und was hat die Wende gebracht?
Als mein Mann damals Ende Januar starb, lebte ich anschliessend in einer merkwürdigen Zwischenzeit. Dann kam Ostern und auf einmal spürte ich: Die Liebe stirbt nicht. Nach dieser Erkenntnis kam nach und nach das Leben in mich zurück – und auch der Glaube.

Ein starkes Erlebnis.
Ja, normalerweise spreche ich aber nicht darüber. Ich habe keine Lust, mit irgendjemandem über den Glauben zu diskutieren. Es ist ja heute eine Tendenz, dass man über alles reden möchte oder sollte. Ich habe aber eine grosse Scheu über gewisse Themen zu reden, zum Beispiel eben über den Glauben. Ich finde, etwas Geheimnisvolles darf jeder für sich behalten.

Katharina Kilchenmann, reformiert.info, 27. Februar 2018

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