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Fokussynode

Wie politisch soll Kirche sein?

von Noemi Harnickell
min
25.09.2024
Soll sich die Kirche politisch äussern? Welche Erwartungen haben Gesellschaft und politische Organisationen an die Kirche? Mit diesen Fragen beschäftigte sich die Baselbieter Fokussynode in Liestal.

Nahostkonflikt, Ukraine, Antisemitismus, Klimawandel, LGBTQ-Rechte: Die Liste der weltweiten Konflikte und Herausforderungen ist lang. Es sind politische Themen, aber bei vielen von ihnen stehen auch religiöse Fragen im Mittelpunkt. Aber darf sich die Kirche politisch positionieren? Oder anders gefragt: Muss sie es sogar?

Darf Kirche politisch sein?

Unter dem Thema «Politik und Kirche» wurde in der Fokussynode über genau diese Fragen diskutiert. Hintergrund waren die Gespräche zur Konzernverantwortungsinitiative sowie die Formulierungen des kirchlichen Auftrags in Kirchenverfassung und Kirchenordnung. Darin heisst es etwa: «Die Kirchgemeinde und ihre Mitglieder engagieren sich auf Grundlage des Evangeliums bei der Bewältigung sozialer, wirtschaftlicher, ökologischer und politischer Herausforderungen.» Die Kirche habe, so die Kichenordnung, unter anderem den Auftrag, Schwache und Benachteiligte zu unterstützen, Fremde und Menschen auf der Flucht zu integrieren und die Schöpfung zu bewahren.

Die Frage, ob die Kirche politisch sein darf, ist mit Fragen und Emotionen geladen. Wer ist die Kirche überhaupt? Was sind die Folgen, wenn eine Pfarrperson die Kanzel nutzt, um ihre politischen Meinungen zu verbreiten? Und erlaubt eine politische Kirche der Politik, in ihr Wirken einzugreifen?

Reformierte Werte und Verantwortung

«Sie können tun, was Sie wollen, Sie werden immer politisch sein», mahnte Lukas Kundert, Kirchenratspräsident von Basel-Stadt. Er und Oliver Ehinger aus der Arlesheimer Kirchenpflege diskutierten auf einem Podium über das Für und Wider einer politisch engagierten Kirche. Dabei wurde deutlich, dass es keine eindeutige Antwort auf die Frage geben wird. «Die Kirche muss nicht zu politisch sein», fand Oliver Ehinger. «Dafür gibt es die EVP.» Dem widersprach Lukas Kundert mit dem Argument, indem sich die Kirche etwa um Obdachlose kümmere, begebe sie sich bereits in den Bereich des Rechts. «Ich finde es richtig, dass wir das machen.»

Eine Stimme für die Freiheit des Einzelnen – und der Gemeinschaft

Christoph Herrmann, Kirchenratspräsident von Baselland, fasste die verschiedenen Argumente in einem abschliessenden Referat zusammen. Die Kirche spiele eine wichtige Rolle in der Wertevermittlung und der Integrationsarbeit und sei zudem ein kritisches Gegenüber zu Regierung und Staat. Zur Vision des Kirchenrats gehöre darum, die Stimme zu erheben, «wenn die Freiheit des Einzelnen und seine Würde in Frage gestellt werden und auch wenn die Freiheit des Einzelnen den Gemeinschaftssinn auflöst.» Die Kirche vertritt reformierte Werte in der Öffentlichkeit und ist sich ihrer zentralen Wichtigkeit für die Zivilgesellschaft bewusst. Die Kantonalkirche werde, so Herrmann, zu gesellschaftlichen Themen situativ Stellung nehmen, wenn dies aus theologischen oder kirchenpolitischen Erwägungen angezeigt ist.

Ja zur Fusionierung der Kirchgemeinde Schafmatt-Wisenberg

Im Gegensatz zu dieser umfangreichen und komplexen Diskussion waren die Synodengeschäfte selbst in kürzester Zeit abgewickelt. So wurde in einer ausserordentlichen Abstimmung die Fusion der drei Kirchgemeinden Rothenfluh, Oltingen-Wenslingen-Anwil und Kilchberg-Rünenberg-Zeglingen zur Grosskirchgemeinde Schafmatt-Wisenberg einstimmig angenommen. «Wir sind sehr optimistisch, dass es gut kommt», sagte Monika Werthmüller, stellvertretende Präsidentin der Kirchenpflege Rothenfluh, in einer kurzen Ansprache. «Wir sind auf gutem Wege und freuen uns auf den Start.»

 

Gründungsversammlung Schafmatt-Wisenberg

«Wir freuen uns, am 1. Januar starten zu -können!», sagte Monika Werthmüller am 10. September. Die Fusion zur neuen Kirchgemeinde Schafmatt-Wisenberg wurde an der Fokussynode angenommen. Grund für die Fusion sind mitunter sinkende Mitgliederzahlen in den Kirchgemeinden und zu viele Vollzeitpfarrstellen für kleine Gemeinden. Durch eine Fusion können unter anderem auch Kirchenpflege und Sekretariat gebündelt und so die Kosten für die einzelnen Gemeinden gesenkt werden.

Nach einer intensiven Vorbereitungszeit, so Werthmüller, werde auch die Umsetzung zweifelsohne intensiv werden. Grund, optimistisch zu sein, gibt es genug: Es konnten etwa bereits genügend Leute für die Kirchenpflege gewonnen werden. Am 27. Oktober, 9.30 Uhr, findet in der Kirche St. Nikolaus in Oltingen ein Gottesdienst mit anschliessender Gründungsversammlung und Apéro statt.

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