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«Wir dürfen uns nicht provozieren lassen»

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28.02.2023
Nach der Koran-Verbrennung in Schweden überreichte der Politiker Ibrahim Tas Pfarrer Peter Vogelsanger Blumen als Zeichen des Friedens.

Am 21. Januar hielten Rechtsradikale eine Versammlung vor der türkischen Botschaft in Stockholm ab. Nach Hetztiraden gegen Muslime und Migranten verbrannte Rasmus Paludan einen Koran. Noch am selben Tag brannte vor dem schwedischen Konsulat in Instanbul die schwedische Flagge.

Der Hintergrund: Die Beziehungen zwischen Schweden und Ankara waren durch den Streit um den schwedischen Nato-Beitritt zu diesem Zeitpunkt bereits angespannt. Die Türkei und Ungarn lehnen als einzige der 30 Nato-Staaten den Beitritt Schwedens in das Verteidigungsbündnis ab. Nun aber löste der Umstand, dass die schwedischen Behörden die von Provokateur Paludan organisierte Versammlung genehmigt hatten, den Zorn der Regierung in Ankara aus. Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson solidarisierte sich am Tag nach der Koran-Verbrennung mit den Muslimen.Trotzdem steckt der für dieses Jahr vorgesehene Nato-Beitritt Schwedens seither in der Sackgasse.

Heilige Schriften unantastbar
In vielen muslimischen Ländern brodelt es, die Empörung über die Koran- Verbrennung ist gross. Proteste und Drohungen sind die Folge, mancherorts steht die Welt kopf. So protestierten auch Gläubige im pakistanischen Karatschi gegen die Koran-Verbrennung in Schweden. Aus Rache wollten sie eine schwedische Fahne anzünden – und fackelten versehentlich eine Schweizer Fahne ab. Der Irrtum wurde erst nach der Ausstrahlung eines Fernsehberichts über die Demonstration bemerkt.

Szenenwechsel nach Schaffhausen. Der muslimische Politiker Ibrahim Tas überreicht dem reformierten Pfarrer Peter Vogelsanger vor dem Eingang zum Münster einen Blumenstrauss. «Ein schwedischer Politiker verbrennt unser heiliges Buch, den Koran, und will damit gezielt provozieren. Als Muslim und Schaffhauser Politiker verurteile ich diese Aktion. Doch ich will, wie es im Koran heisst, Böses mit Gutem vergelten und überreiche Pfarrer Peter Vogelsanger den Blumenstrauss als Zeichen des Friedens. » Dann fordert Tas alle Mitbürgerinnen und Mitbürger auf, in Frieden zusammenzuleben.

«Auch wir verurteilen diesen barbarischen Akt auf das Tiefste, denn heilige Schriften sind unantastbar, unabhängig, zu welcher Religion sie gehören», erwidert der Pfarrer. Und er betont: «Ich möchte den Christen sagen, dass wer den Koran missachtet, auch die Bibel missachtet. Jesus Christus wird im Koran als Sohn Gottes und Messias erwähnt und geehrt. Wenn wir den Koran nicht ehren, ehren wir auch Christus nicht.» Dann richtet er das Wort an die Muslime: «Im Koran steht auch geschrieben, dass die Rache Gott gehört und nicht uns Menschen. Auch in diesem Fall sollten wir sie Gott überlassen.»

Für den Frieden einstehen
Die Übergabe des Blumenstrausses hatte Ibrahim Tas als unmittelbare Reaktion auf die Koran-Verbrennung in Schweden organisiert. Als Muslim und stolzer Schaffhauser fühle er sich verantwortlich, für den Frieden einzustehen. «Ich sehe, dass die Muslime gereizt sind aufgrund dessen, was in Schweden passiert ist. Doch wir dürfen uns nicht durch die Tat eines Einzelnen provozieren lassen und unser friedliches Miteinander gefährden. Es wäre schlimm, wenn jetzt Bibeln verbrannt würden.» Die einzig richtige Antwort auf solche Provokationen sei der interreligiöse Dialog.

In der Region Schaffhausen gibt es viele Religionsgemeinschaften. Seit November 2006 finden im Rahmen des «Interreligiösen Dialogs Schaffhausen » regelmässige Treffen zwischen Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen religiösen Gemeinschaften statt.

Im Jahr 2016 initiierten die Mitglieder die «Schaffhauser Erklärung zum interreligiösen Dialog». Darin bekunden sie, sich gegenseitig zu respektieren, miteinander zu reden und gemeinsam für den Frieden im Land einzustehen. «Es herrscht ein gutes Klima unter den verschiedenen Religionen », sind sich Tas und Vogelsanger einig. Jüngster Beweis dafür sei die neue Aksa-Moschee, die von allen Religionen durch Spenden mitfinanziert wurde.

 

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