«Wir können Frieden im Kleinen schaffen»
Es war nur wenige Tage nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine 2022, als in der Offenen Kirche Elisabethen das erste Friedensgebet durchgeführt wurde. Rund 150 Menschen nahmen damals daran teil. Sie stehen symbolisch für so viele, die dem Schrecken des Kriegs mit Fassungslosigkeit gegenüberstehen.
Das Friedensgebet findet seither jeweils am ersten Dienstag des Monats statt und folgt einem immer gleichbleibenden Ablauf, der sich aus sinnlichen und persönlichen Elementen zusammensetzt. Liturgie und Taizé-Lieder, gefolgt vom Testimonial einer ukrainischen Person. «Das Friedensgebet hält im Bewusstsein, dass der Krieg in der Ukraine nicht beendet ist», sagt Anne Burgmer. Seit dem Sommer 2022 leitet sie die Offene Kirche Elisabethen.
Der Frieden liegt im Ankommen
Das Friedensgebet in der Offenen Kirche Elisabethen ist ein ökumenisches Projekt, das christliche Netzwerke aus den Gemeinden in Basel und dem Baselbiet zusammenbringt. Alle christlichen Konfessionen sind im Organisationskomitee vertreten. «Die Offene Kirche Elisabethen stellt ihren Raum zur Verfügung», sagt Daniel Frei vom Pfarramt für Weltweite Kirche, das massgebend an der Organisation und der Durchführung beteiligt ist. «Getragen wird das Friedensgebet von uns allen.» Wenn sich am 24. Februar der Kriegsausbruch in der Ukraine zum zweiten Mal jährt, werden die beiden Ständerätinnen Maya Graf aus Baselland und Eva Herzog aus Basel-Stadt Grussworte sprechen. Der Wunsch nach Frieden bekommt dadurch eine politische Komponente. Friede an sich sei ein leerer Begriff, sagt Daniel Frei. Man müsse ihm erst eine Bedeutung zuordnen. «Was brauchen die Ukrainerinnen, die jetzt bei uns in der Schweiz sind, um Frieden zu haben?», fragt er. «Ich denke, für viele heisst Frieden, dass sie an einem Ort ankommen und sich integrieren können.»
Ein Gebet für viele Konflikte
Das Bewusstsein für die Katastrophen der Welt ist oft ein schweres. Da ist eine Ohnmacht angesichts der eigenen Handlungsunfähigkeit, die auch Anne Burgmer nur zu gut kennt. Kann ein Friedensgebet alle diese Gefühle fassen? «Ich glaube, wir können lernen, anzuerkennen, dass Friede und Unfriede auf dieser Welt nebeneinander existieren», sagt Burgmer. «Ich kann anerkennen, dass ich nicht alles ändern kann – und dass ich so manches ändern kann!»
Anne Burgmer unterscheidet zwischen dem kleinen und dem grossen Frieden: der Friedensarbeit im eigenen Bekanntenkreis und in der Gemeinde – und dem weltweiten Frieden, auf den wir keinen Einfluss haben. «Uns macht oft fassungslos, dass wir auf den grossen Frieden kaum Einfluss haben», sagt sie. «Aber den kleinen Frieden, den können wir schaffen. Indem wir freundlich sind. Indem wir auf ein trotziges Wort nicht selber mit Trotz reagieren. Wir können uns dafür entscheiden, in unserem Alltag dem Frieden zu dienen.»
Beim monatlichen Friedensgebet in der Offenen Kirche Elisabethen steht der Ukrainekrieg im Fokus. «Die Ukraine ist vielen Menschen emotional sehr nahe», sagt Daniel Frei. «Ein europäisches Land, nur vier Flugstunden von hier entfernt, wird bombardiert – das erschüttert viele zutiefst.» Und Anne Burgmer ergänzt: «Für mich steht die Ukraine symbolisch für die Freiheit der europäischen Staaten. Die Menschen dort verteidigen diese Freiheit.» Trotz des Fokus auf die Ukraine seien im Friedensgebet jedoch auch andere Konflikte und Kriege mitgetragen. «Das Gebet ist genau dafür da, auch die anderen Orte im Bewusstsein zu halten, an denen Menschen leiden.» Noemi Harnickell
Friedensgebet zum Jahrestag des Angriffs auf die Ukraine. Samstag, 24. Februar, 18 Uhr, Offene Kirche Elisabethen, Basel. 19.30 Uhr: Konzert mit ukrainischer Live-Musik.
«Wir können Frieden im Kleinen schaffen»