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Frühjahrssynode Baselland

«Wir sind gut im Wieder-Aufbrechen, wir sind die reformierte Kirche»

von Noemi Harnickell
min
06.06.2024
BASELLAND | Am 5. Juni traf sich die Synode der Evangelisch-reformierten Kirche Baselland zu ihrer Frühjahrssitzung in Bubendorf. Im Zentrum der Verhandlungen stand die Rückschau auf das 2013 lancierte Grossprojekt «Visitation».

Nichts ist in einer Kirche jemals abgeschlossen – und das ist auch gut so. Diese Grundstimmung vermittelte Kirchenratspräsident Christoph Hermann am 5. Juni während der Synodentagung in Bubendorf. Der Abschluss der «Visitation», mit deren Umsetzung die Baselbieter Kirchgemeinden während den vergangenen zehn Jahren intensiv beschäftigt waren, sei zugleich ein Ankommen. Und dies erlaube den Gemeinden, neue Projekte in Angriff zu nehmen – und wieder aufzubrechen!

Zwischenstand des ökumenischen Projekts «Seelsorge im Alter»

Ein Projekt, das aus der «Visitation» gewachsen ist und sich nun im Aufbruch befindet, ist das ökumenische Projekt «Seelsorge im Alter». Es wurde 2023 in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Nordwestschweiz lanciert und soll Unterstützung für Menschen ab 65 Jahren bieten. Cornelia Hof, Kirchenrätin der evangelisch-reformierten Kirche Baselland, präsentierte an der Synode vom 5. Juni einen ersten Zwischenstand.

Es gibt eine Lücke bei der sozialen Begleitung, sowohl zu Hause als auch in Heimen.

Insgesamt, so Hof, sei die Umfragebeteiligung sehr repräsentativ ausgefallen. Die Auswertung habe gezeigt, dass die Mehrheit der Befragten zu Hause lebe und stark von Einsamkeit betroffen sei. «Es gibt eine Lücke bei der sozialen Begleitung, sowohl zu Hause als auch in Heimen», sagt Hof. «Das liegt an mangelnder Zeit, Personal und Finanzen.» Vor allem bei Menschen, die ambulant betreut werden, fällt die seelsorgliche Betreuung derzeit auf die Angehörigen. Bis November dieses Jahres soll ein Konzept für die soziale und seelsorgliche Fürsorge älterer Menschen und ihrer Angehörigen vorliegen.

Reaktion auf Missbrauchsstudien: Präventionsmassnahmen verstärkt

Mit dem Erscheinen der kirchlichen Missbrauchsstudien im Herbst 2023 und Januar 2024 in Deutschland ist auch in der Baselbieter Kirche die Dringlichkeit gewachsen, Massnahmen zu ergreifen. So endet im August dieses Jahres die erste Runde der Präventionsschulungen, zu denen alle Pfarrpersonen und diakonischen Mitarbeitenden verpflichtet sind. Insgesamt haben laut Kirchenrat Matthias Plattner über 200 Personen an den Schulungen teilgenommen. Alle kirchlichen Mitarbeitenden müssen zudem neu alle fünf Jahre einen Sonderprivatauszug vorlegen.

Dekade der Veränderung: Synode prüft Ergebnisse der Visitation

Im Zentrum der synodalen Verhandlungen stand die Kenntnisnahme des Schlussberichts zur Umsetzung der Visitation aus dem Jahr 2013. 2015 erschien der Visitationsbericht mit den Befragungsergebnissen sowie 25 Handlungsempfehlungen.

«Als Kirche sind wir Dienstleisterin», betont Christoph Hermann. «Wir begleiten die Menschen durch das ganze Leben – von der Taufe am Lebensanfang, zum Übertritt ins Erwachsenenalter mit der Konfirmation, über Hochzeiten, bis hin zur Sterbebegleitung und der Beerdigung am Lebensende.» Es gelte darum, die bestmöglichen Dienstleistungen zu bieten.

Beteiligungskirche und Experimentierfreude: Visionen für die Zukunft

Der Visitationsbericht steht unter dem Motto «Ankommen und (wieder) aufbrechen» und orientiert sich an den Handlungsempfehlungen von 2015. Mit der Personal- und Besoldungsordnung ist im Januar auch die letzte grosse Ordnung in Kraft getreten.

Wir müssen uns zu einer Beteiligungskirche entwickeln. Wir dürfen experimentierfreudig sein.

Doch die Struktur der Kirchgemeinden bleibt eine Herausforderung: «Sie müssen so gross und so robust sein, dass sie das kirchliche Leben erhalten können», sagte Christoph Herrmann. «Manche Kirchgemeinden mussten schmerzhaft erkennen, dass sie dafür finanziell zu schlecht aufgestellt sind.»

Es liege darum in der Verantwortung aller Gemeinden, gemeinsam gute Wege zu finden – etwa in Form von Fusionen. Ein wichtiger Grund dafür ist unter anderem die Regelung, dass Kirchgemeinden pro 1500 Mitglieder eine Vollzeitpfarrstelle bieten müssen. Vor allem kleinere Gemeinden sind dadurch gezwungen, entsprechend proportionale Stellenprozente zu schaffen.

Viele Fragen sind derzeit noch offen. So zum Beispiel die Form und die Leitung des Religionsunterrichts. Auch über die Wohnsitzpflicht der Pfarrpersonen wird noch diskutiert, da immer mehr Pfarrhäuser an die Kirche zurückgegeben werden. Dazu kommt ein Mangel an kirchlichem Personal und die Herausforderung, Aufgaben umzuverteilen.

Christoph Hermann sieht darin auch viele Chancen: «Wir müssen uns zu einer Beteiligungskirche entwickeln», sagt er. «Wir dürfen experimentierfreudig sein. Wir sind gut im Wieder-Aufbrechen, denn wir sind ja die reformierte Kirche.»

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